Leitsatz (amtlich)
Beurkundet der Notar bei der Verschmelzung zweier GmbHs ohne sachlichen Grund die Verzichtserklärungen der Anteilsinhaber nach §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3 und 16 Abs. 2 S. 2 UmwG nicht in gemeinsamer Urkunde mit dem Verschmelzungsvertrag, sondern zusammen mit den Zustimmungsbeschlüssen, so liegt darin eine unrichtige Sachbehandlung i.S.v. § 16 Abs. 1 S. 1 KostO. Ein sachlicher Grund für eine Getrenntbeurkundung besteht nicht bereits dann, wenn keine Personenidentität zwischen dem organschaftlichen Vertreter der Gesellschaft und den Anteilsinhabern vorliegt. Ob zeitliche oder räumliche Hindernisse einer Zusammenbeurkundung entgegengestanden haben, ist eine Frage des Einzelfalls (hier verneint).
Normenkette
KostO § 16 Abs. 1 S. 1, § 44; UmwG § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 3, § 16 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 4 T 40/01) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) beurkundete unter der Urkunden-Nr. 1332… einen Verschmelzungsvertrag zwischen einer aufnehmenden und einer übertragenden GmbH. Am selben Tag beurkundete er mit der Urkunden-Nr. 1333… den Zustimmungsbeschluss der Gesellschafter beider GmbHs hinsichtlich der Verschmelzung. In derselben Urkunde haben die Gesellschafter jeweils verzichtet auf eine Prüfung des Verschmelzungsvertrages, die Erstattung eines Verschmelzungsberichts sowie die Anfechtung der Zustimmungsbeschlüsse und die Klage gegen die Wirksamkeit der Verschmelzungsbeschlüsse.
Der Beteiligte zu 1) hat für die Beschlüsse in der Urkunde Nr. 1333… gem. § 47 S. 2 a.F. KostO den Höchstwert von 10.000 DM berechnet. Für die in dieser Urkunde ebenfalls enthaltenen Verzichtserklärungen der Gesellschafter hat er keine gesonderte Gebühr in Rechnung gestellt. Dies hat der Beteiligte zu 3) anlässlich einer Geschäftsprüfung beanstandet. Nach seiner Auffassung seien die Verzichtserklärungen, da sie nicht im Verschmelzungsvertrag, sondern in einer getrennten Urkunde beurkundet worden sind, nach §§ 47, 36 KostO gesondert zu berechnen. § 44 KostO finde für diesen Fall keine Anwendung. Zu erheben sei neben der Gebühr nach § 47 KostO deshalb eine 10/10-Gebühr nach § 36 Abs. 1 KostO.
Der Beteiligte zu 1) schließt sich dieser Auffassung nicht an. Auch wenn § 44 KostO nicht zur Anwendung komme, sei die Kostenrechnung unter Beachtung von § 16 KostO korrekt erstellt worden. Es hätte nämlich eine Zusammenbeurkundung erfolgen können, was von ihm lediglich aus Gründen der Urkundsklarheit unterlassen worden sei. Hierin liege eine im kostenrechtlichen Sinne unrichtige Sachbehandlung.
Der Beteiligte zu 3) hat den Beteiligten zu 1) angewiesen, die Entscheidung des LG herbeizuführen. Das LG hat mit Beschluss vom 22.2.2002 die Kostenrechnung des Beteiligten zu 1) bestätigt.
Auf Weisung des Beteiligten zu 3) hat der Beteiligte zu 1) hiergegen weitere Beschwerde erhoben.
II. Die aufgrund der Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde durch den Notar eingelegte weitere Beschwerde (§ 156 Abs. 2 S. 1 KostO) ist statthaft, weil sie das LG zugelassen hat (§ 156 Abs. 2 S. 2 KostO). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 156 Abs. 4 S. 1, Abs. 2 S. 1 KostO) und auch i.Ü. verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO, 546 ZPO). Das LG hat zutreffend festgestellt, dass die von dem Beteiligten zu 3) für zutreffend erachtete Kostenberechnung im vorliegenden Fall wegen § 16 Abs. 1 S. 1 KostO ausscheidet. Denn der von dem Beteiligten zu 1) gewählte Weg der getrennten Beurkundung von Verschmelzungsvertrag und Verzichtserklärungen der Anteilsinhaber war eine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. Vorschrift.
Nach § 44 Abs. 1 S. 1 KostO wird bei der Zusammenbeurkundung mehrerer Erklärungen in einer Urkunde nur eine Gebühr erhoben, wenn die Erklärungen denselben Gegenstand betreffen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind in diesem Sinne gegenstandsgleich der Verschmelzungsvertrag im Verhältnis zu den auf die Vorschriften der §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 3 und 16 Abs. 2 S. 2 UmwG bezogenen Verzichtserklärungen der Anteilsinhaber (vgl. OLG Hamm v. 6.12.2001 – 15 W 314/01, DB 2002, 1314 [1315]; Tiedtke, MittBayNot 1995, 4 f.; Notarkasse, Streifzug durch die Kostenordnung, 5. Aufl., Rz. 752). Der Beteiligte zu 1) war deshalb im vorliegenden Fall gehalten, eine Zusammenbeurkundung von Verschmelzungsvertrag und Verzichtserklärungen vorzunehmen, um die Kostenfolge des § 44 KostO auszulösen. Denn der Notar ist nicht nur zur richtigen, sondern auch zur kostensparenden und damit grundsätzlich zur billigsten Sachbehandlung verpflichtet; dies gilt insb. für die Zusammenbeurkundung (vgl. Korintenberg/Bengel/Tiedtke, KO, 15. Aufl., § 16 Rz. 51 m.w.N.). Der Aufwand höherer Kosten ist nur dann gerechtfertigt, wenn besondere Gründe, etwa berechtigte Interessen eines Beteiligten, zu einer getrennten Beurkundung Anlass geben (vgl. OLG Oldenburg JurBüro 1997, 376 [378]).
Ein in diesem...