Entscheidungsstichwort (Thema)

Erteilung eines Erbscheins über den Nachlaß. Gemeinschaftliches Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der möglichen Umdeutung eines unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments in ein formgültiges Einzeltestament der Erblasserin.

 

Normenkette

BGB § 2265

 

Verfahrensgang

LG Zweibrücken (Beschluss vom 10.11.1988; Aktenzeichen 4 T 165/88)

AG Landstuhl (Aktenzeichen VI 125/83)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde erwachsenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 70 000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit privatschriftlichem Testament vom 20. August 1972 hat die Erblasserin ihre Schwester F. M. unter Ausschluß der gesetzlichen Erben über das bewegliche Vermögen (Geld. Sparkassenbuch, Schmuck. Wäsche. Hausrat und Kleidung) „… als alleinige Erbin” eingesetzt. Sie hat darüber hinaus ein „gemeinschaftliches Testament” vom 14. Mai 1978 errichtet, das von ihr niedergeschrieben und von beiden Schwestern unterzeichnet ist. Dieses lautet wie folgt:

„Nach unserem Tode ist unser Bruder E. und dessen Ehefrau H. geb. P. (beide wohnhaft in …) Allein-Erben unseres Anwesens …

Zum Preise von 24 000,– DM (in Worten: Vierundzwanzigtausend DM).

Hiervon erhalten unsere Geschwister (in deren Todesfall, deren Erben, folgende Beträge:

1) I. B. geb. … 4 000,– DM

2) M. S. geb. H. 4 000,– DM

3) A. R. geb. H. 4 000,– DM

5) M. S. geb. K. 4 000,– DM.

Unser Bruder E. H. und dessen Ehefrau sind hinsichtlich der Auszahlung der Beträge an keine Frist gebunden.

… den 14. Mai 1978 T. B. geb. H. F. M. geb. H.”

Beim Tode der Erblasserin waren an beweglichem Vermögen Ersparnisse in Höhe von rund 40 000,– DM vorhanden. Der Wert des Hälfteanteils der Erblasserin an dem Anwesen … in … beläuft sich nach den Angaben der Beteiligten auf 35 000,– bis 40 000,– DM.

F. M. ist am … verstorben und von den Beteiligten zu 2) bis 13) beerbt worden. Die Beteiligte zu 2) ist Miterbin zu 1/4 und zugleich Testamentsvollstreckerin. Der Bruder E. der Erblasserin ist am … verstorben und von der Beteiligten zu 1), seiner Ehefrau, allein beerbt worden.

Das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Landstuhl hat E. H. am 8. Juni 1983 einen Erbschein erteilt, demzufolge die Erblasserin von ihrer Schwester F. M. zu 1/2 und von ihrem Bruder E. H. sowie der Beteiligten zu 1) zu je 1/4 beerbt worden ist. Hiergegen richtet sich die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) vom 9./13. September 1988, mit der diese die Einziehung des erteilten und die Erteilung eines neuen Erbscheins des Inhalts begehrte, daß die Erblasserin allein von ihrer Schwester F. M. beerbt worden sei. Der Nachlaßrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen, die Beschwerdekammer hat ihr stattgegeben und die Einziehung des Erbscheins vom 8. Juni 1983 angeordnet. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), der die Beteiligte zu 2) entgegentritt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG), an keine Frist gebunden, in rechter Form eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG) und auch sonst verfahrensrechtlich bedenkenfrei. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Satz 1 FGG).

1. Die Beschwerdekammer hat ausgeführt:

Die letztwillige Verfügung vom 14. Mai 1978 sei als gemeinschaftliches Testament unwirksam, weil ein solches gemäß § 2265 BGB nur von Eheleuten errichtet werden könne. Auch eine Umdeutung gemäß § 140 BGB in ein wirksames Einzeltestament der Erblasserin komme nicht in Betracht. Bei wechselbezüglichen Verfügungen sei eine solche Umdeutung nur dann zulässig, wenn hinsichtlich beider Testatoren die Formerfordernisse für ein Einzeltestament erfüllt seien. Daran fehle es hier hinsichtlich der Schwester der Erblasserin. Die Wechselbezüglichkeit der beiderseits getroffenen Verfügungen ergebe sich daraus, daß die Schwestern einander zwar nicht ausdrücklich, aber gleichwohl unzweifelhaft gegenseitig zu alleinigen Vorerbinnen eingesetzt hätten.

2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten der Begründung, wohl aber im Ergebnis stand. Der Erbschein vom 8. Juni 1983 ist unrichtig und infolgedessen gemäß § 2361 Abs. 1 BGB einzuziehen.

Zutreffend geht die Beschwerdekammer davon aus, daß das gemeinschaftliche Testament vom 14. Mai 1978 als solches unwirksam ist, weil gemäß § 2265 BGB nur Ehegatten ein solches Testament errichten können. Diesen Ausgangspunkt greift auch die Rechtsbeschwerde nicht an.

Eine grundsätzlich mögliche Umdeutung des unwirksamen gemeinschaftlichen Testaments in ein (formgültiges) Einzeltestament der Erblasserin (vgl. hierzu grundsätzlich BGH NJW RR 1987, 1410 m. w. N.) hält die Kammer deswegen nicht für zulässig, weil das Testament wechselbezügliche Verfügungen beider Schwestern enthalte und eine Umdeutung infolgedessen nur zulässig wäre, wenn...

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