Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Teilentscheidung im Verbundverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Ebenso, wie schon nach früher geltendem Recht für das Berufungsverfahren anerkannt, kann auch im Verfahren nach dem FamFG die Beschwerde gegen einen Scheidungsbeschluss allein mit dem Ziel eingelegt werden, eine unzulässige Vorwegentscheidung zu beseitigen und den Verbund wieder herzustellen.
2. Liegt eine unzulässige Verbundentscheidung vor, weil unter Übergehen der rechtzeitig im Verbund geltend gemachten Folgesache Unterhalt allein über die Scheidung und den Versorgungsausgleich entschieden wurde, so hebt das Beschwerdegericht die Entscheidung des Familiengerichts auf und verweist die Sache zur Wiederherstellung des Verbundes zurück.
3. Entscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen sind auch nach Inkrafttreten des FamFG weiterhin im Namen des Volkes zu verkünden.
Normenkette
FamFG § 137 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 117 Abs. 2, § 113 Abs. 1; ZPO a.F. § 628; ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1, § 311 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Rockenhausen (Beschluss vom 11.05.2011; Aktenzeichen 2 F 298/10) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Rockenhausen vom 11.5.2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung im Verbund an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens vorbehalten bleibt.
II. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien haben am 26.2.1999 geheiratet und lebten seit November 2009 getrennt voneinander. Aus der Ehe ist die am ... geborene Tochter T. M. hervorgegangen, die im Haushalt ihrer Mutter lebt.
Die Antragstellerin, geb. am ..., ist als Küchenhilfe beschäftigt; ihre Nettoeinkünfte betragen gerundet 1 070 EUR monatlich. Sie betreibt außerdem zuhause ein Studio für Fingernagelpflege; ihre Nebeneinkünfte belaufen sich nach der Behauptung des Antragsgegners auf gerundet monatlich 400 EUR.
Der Antragsgegner, geb. am ..., hat den Beruf eines Elektroinstallateurs erlernt. Er verfügt über Nettoeinkünfte i.H.v. gerundet 1 600 EUR monatlich.
Mit Schriftsatz vom 18.5.2010 hat die Antragstellerin um die Scheidung der Ehe angetragen und die Durchführung des Versorgungsausgleichs begehrt.
Der Antragsgegner hat dem Scheidungsbegehren zugestimmt.
Mit Schriftsatz vom 21.4.2011, eingegangen am selben Tage und dem Antragsgegner zugestellt am 5.5.2011, hat die Antragstellerin nachehelichen Unterhalt im Wege der Stufenklage begehrt.
Im Termin beim Familiengericht am 9.5.2011 haben die Parteien einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen, in welchem sie sich wechselseitig zur Erteilung von Auskünften über ihre Einkünfte bis spätestens 30.6.2011 verpflichtet haben.
Die Antragstellerin hat ihre Anträge aus den Schriftsätzen vom 18.5.2010 und vom 21.4.2011 gestellt; der Antragsgegner hat der Ehescheidung zugestimmt und beantragt, den Antrag vom 21.4.2011 abzuweisen.
Mit Beschluss vom 9.5.2011 hat das Familiengericht die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Die Folgesache - nachehelicher Unterhalt - hat das Familiengericht nicht förmlich abgetrennt.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht erstrebt.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Unterhaltsbegehren der Antragstellerin sei mutwillig, weil sie genau wisse, dass ihr schon rechnerisch kein Unterhaltsanspruch ihm gegenüber zustehe. Daher habe sie auch keinen Trennungsunterhalt gerichtlich geltend gemacht.
Zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen auf den angefochtenen Beschluss sowie die auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist die erforderliche Beschwer zu bejahen.
Bisher war anerkannt, dass die Berufung allein mit dem Ziel eingelegt werden kann, die Vorwegentscheidung zu beseitigen und dadurch den Verbund wieder herzustellen (s. hierzu Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. Rz. 13 zu § 628 ZPO a.F. m.w.N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung).
Gleiches hat seit dem Inkrafttreten des FamFG zu gelten; allerdings muss die Folgesache nunmehr spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache anhängig gemacht werden (vgl. § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG).
Diese zeitliche Voraussetzung ist hier erfüllt, weil die Folgesache "nachehelicher Unterhalt" am 21.4.2011 mit Faxschreiben beim Familiengericht eingegangen ist und mündliche Verhandlung in der Scheidungssache beim Familiengericht am 9.5.2011 stattgefunden hat.
Das Rechtsmittel der Antragstellerin hat auch in der Sache den erstrebten Er...