Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuervergütung bei abgeschlossener Ausbildung zum Heilpädagogen
Leitsatz (amtlich)
Eine abgeschlossene Ausbildung des Berufsbetreuers zum Heilpädagogen rechtfertigt die Bewilligung einer erhöhten Vergütung i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG.
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 10.10.2003; Aktenzeichen 8 T 171/03) |
AG Mainz (Beschluss vom 05.07.2002; Aktenzeichen 40 XVII 984/00) |
Tenor
1. Der angefochtene Beschluss der Kammer und die Verfügungen des AG Mainz vom 5.7.2002 und vom 13.1.2003 werden geändert:
Die dem Beteiligten zu 1) zu gewährende Vergütung wird für den Zeitraum vom 4.3.2002 bis zum 1.7.2002 auf 682 Euro und für die Zeit vom 9.7.2002 bis zum 30.12.2002 auf 587,45 Euro festgesetzt.
2. Beide Beschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 327,60 Euro festgesetzt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG) und auch im Übrigen förmlich nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 und 4, 20, 22 Abs. 1 FGG).
In der Sache führt die Rechtsbeschwerde zum Erfolg. Der angefochtene Beschluss beruht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
1. Zunächst hat das LG - was der Senat von Amts wegen zu prüfen hat - die Zulässigkeit der Erstbeschwerde zutreffend bejaht. Insbesondere ist die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) gem. § 20 Abs. 1 FGG gegeben. Zwar hat der gem. § 3a Abs. 1 Nr. 2a RPflG funktionell zuständige Rechtspfleger dessen Vergütung zunächst antragsgemäß festgesetzt. Dies steht jedoch der Bejahung des Beschwerderechts nicht entgegen. Denn bei dem gerichtlichen Festsetzungsverfahren handelt es sich um ein Amtsverfahren (vgl. BayObLG BayObLGZ 1990, 130 [132]; Beschl. v. 21.10.1993 - 3Z BR 171/93; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.11.1994 - 3 Wx 468/94, OLGReport Düsseldorf 1995, 228 jeweils zitiert nach juris; Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FG, 15. Aufl., § 56g Rz. 7). Deshalb ist der Beteiligte zu 1) nicht an seinen Antrag gebunden. Der Antrag ist vielmehr als bloße Anregung auf Festsetzung der Vergütung anzusehen.
2. Für den vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob eine Änderung der festgesetzten Vergütung grundsätzlich in den Fällen ausgeschlossen ist, in denen der von dem Betreuer geltend gemachte Stundensatz auch festgesetzt worden ist und sich später herausstellt, dass ihm bereits für den Abrechnungszeitraum ein höherer Stundensatz zugestanden hätte (vgl. etwa Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836a BGB Rz. 44). Denn eine Erhöhung des festgesetzten Stundensatzes ist jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn die Festsetzung - wie hier - nicht rechtskräftig geworden ist (vgl. BGH v. 16.6.1993 - I ZB 14/91, BGHZ 123, 30 [35] = MDR 1993, 966; BayObLG v. 30.12.1980 - BReg. 1Z 108/80, BayObLGZ 1980, 429 [435] = MDR 1981, 408; FamRZ 1998, 1055; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.11.1994 - 3 Wx 468/94, OLGReport Düsseldorf 1995, 228; Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 56g Rz. 18). Im vorliegenden Fall sind die "Verfügungen" des Rechtspflegers vom 5.7.2002 und vom 13.1.2003 dem Beteiligten zu 1) nach Aktenlage nicht förmlich zugestellt und dann die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden. Deshalb bedarf es auch keiner Entscheidung, ob der Antrag des Beteiligten zu 1) vom 19.5.2003 auf "Korrektur" der Vergütungsanträge vom 1.7.2002 und vom 30.12.2002 bereits als Erstbeschwerde zu werten gewesen wäre oder aber ob das Rechtsmittel erst als mit Schriftsatz vom 5.6.2003 eingelegt anzusehen ist.
3. Die festgesetzten Stundensätze sind auf 31 Euro zu erhöhen, Denn die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 2. Alt. BVormVG sind im vorliegenden Fall erfüllt. Hat das VormG - wie hier - festgestellt, dass der Betreuer die Betreuung berufsmäßig führt, hat es ihm für seine Tätigkeit eine Vergütung zu bewilligen (§§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 BGB). Ist der Betreute mittellos, kann der Berufsbetreuer eine Vergütung aus der Staatskasse verlangen (§ 1836a BGB), und zwar für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit den seiner Qualifikation entsprechenden vom Gesetzgeber in einer typisierten dreistufigen Skala verbindlich festgestellten Betrag (§ 1836a BGB, § 1 Abs. 1 BVormVG; vgl. BT-Drucks. 13/7158, 27). Der Mindeststundensatz beläuft sich auf 18 Euro (§ 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG). Die erhöhten Stundensätze des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG i.H.v. 23 bzw. 31 Euro setzen voraus, dass der Berufsbefreuer über "Fachkenntnisse" bzw. "besondere Kenntnisse" verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind und die durch eine abgeschlossene Lehre bzw. eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule erworben wurden. Um ein zu grobes Raster zu vermeiden, hat der Gesetzgeber einer abgeschlossenen Lehre bzw. Hochschulausbildung jeweils "vergleichbare" abgeschlossene Ausbildungen gleichge...