Entscheidungsstichwort (Thema)
Vesorgungsausgleich: "In-Prinzip" bei Wiederauffüllungsbeiträgen
Leitsatz (amtlich)
1. Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, für deren Erwerb in der Ehezeit freiwillige Beiträge für voreheliche Zeiten nachentrichtet worden sind, unterfallen nach dem sog. "In-Prinzip" dem Versorgungsausgleich.
2. Dies gilt auch für sog. "Wiederauffüllungsbeiträge", die geleistet werden, um eine durch den Versorgungsausgleich im Rahmen einer früheren Ehescheidung eingetretene Minderung der Rentenanwartschaften auszugleichen.
3. Werden die Beitragszahlungen aus einem dem Zugewinnausgleich nicht unterliegenden Vermögen erbracht, kann insoweit Unbilligkeit nach § 1587c Nr. 1 BGB anzunehmen sein.
Verfahrensgang
AG Kaiserslautern (Urteil vom 03.12.2003; Aktenzeichen 4 F 711/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Das Urteil des AG - FamG - Kaiserslautern vom 3.12.2003 wird in seiner Nr. II. teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in ..., Vers. Nr. ..., werden Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 123,03 Euro, bezogen auf den 30.6.2003, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz, Vers. Nr. ..., übertragen.
II. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges verbleibt es bei der Kostenentscheidung in dem angefochtenen Urteil.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den beteiligten Eheleuten gegeneinander aufgehoben. Außergerichtliche Kosten der beteiligten Versorgungsträger sind nicht zu erstatten.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.476,36 Euro festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die befristete Beschwerde der Antragstellerin ist nach §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6, 621e Abs. 1 und 3, 517, 520 ZPO zulässig und begegnet verfahrensrechtlich keinen Bedenken.
Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdeschrift vom 7.1.2004 lediglich die Aufhebung des angefochtenen Urteils betreffend die Entscheidung zum Versorgungsausgleich und die Zurückweisung des Rechtsstreits an das erstinstanzliche Gericht zur Neuberechnung des Versorgungsausgleichs beantragt. Unter Berücksichtigung der Begründung des Rechtsmittels wird hinreichend deutlich, welche Abänderung des Urteils die Antragstellerin begehrt (nämlich die Einbeziehung nachentrichteter Beiträge in den Versorgungsausgleich). Der ausdrücklichen Formulierung eines dahin gehenden Sachantrages bedarf es nicht (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 520 Rz. 28).
In der Sache führt das Rechtsmittel zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg.
Für die während der vom 1.7.1981 bis 30.6.2003 dauernden Ehezeit erworbenen Anwartschaften der Parteien aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durch Splitting durchzuführen (§§ 1587a Abs. 1 und 2 Nr. 2, 1587b Abs. 1 BGB).
Nach der Auskunft der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz vom 30.10.2003 hat die Antragstellerin ehezeitbezogene Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 395,97 Euro erworben. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in ... hat - erkennbar als Vertreterin der verfahrensbeteiligten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in S. - ehezeitbezogene Anwartschaften des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 642,03 Euro unter Berücksichtigung geleisteter Wiederauffüllungsbeiträge festgestellt. Die Auskünfte lassen im Rahmen richterlicher Nachprüfbarkeit keine Unrichtigkeiten erkennen.
Betreffend die erste Ehezeit des Antragsgegners vom 1.11.1953 bis 31.8.1979 wurden zu dessen Lasten Rentenanwartschaften von monatlich 236,90 DM, bezogen auf den 31.8.1979, übertragen. Die dadurch bedingte Minderung seiner Rentenanwartschaften aufgrund des seinerzeit durchgeführten Versorgungsausgleichs hat der Antragsgegner durch die Zahlung von Wiederauffüllungsbeiträgen während der zweiten Ehezeit vom 1.7.1981 bis 30.6.2003 vollständig ausgeglichen. Die Beitragszahlungen erfolgten in der Zeit von Juli 1986 bis August 1989 in unterschiedlich hohen Raten und beliefen sich auf insgesamt 59.802,21 DM bzw. 30.576,38 Euro. Bei Einbeziehung der Entgeltpunkte aus diesen gezahlten Wiederauffüllungsbeiträgen errechnen sich bezogen auf den 30.6.2003 monatliche Rentenanwartschaften des Antragsgegners aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 642,03 Euro. Die diesbezüglichen Ausführungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin gemäß Auskunft vom 11.3.2004 werden von den verfahrensbeteiligten Eheleuten nicht angezweifelt oder in Abrede gestellt.
Nach dem sog. In-Prinzip sind in der Ehezeit aus dem Vermögen geleistete Beiträge auch dann der Ehezeit zuzurechnen, wenn sie für Zeiten vor der Ehe gezahlt wurden. Es sind mithin auch solche Rentenanwartschaften in den Versorgungsausgle...