Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im Grundbuchverfahren. Beiordnung eines Rechtsanwalts für Eintragung einer Zwangshypothek

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe im Grundbuchverfahren sind die §§ 76 ff. FamFG maßgebend.

2. Wenn eine Zwangshypothek im Grundbuch eingetragen werden soll, erscheint regelmäßig die Beiordnung eines Rechtsanwalts geboten.

 

Normenkette

FamFG § 76

 

Verfahrensgang

AG Neuwied (Beschluss vom 21.04.2010; Aktenzeichen NI 1529-16)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Neuwied vom 21.4.2010 wird abgeändert und der Gläubigerin Rechtsanwältin H für das Verfahren auf Eintragung einer Zwangshypothek beigeordet.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin vollstreckt gegen den Beklagten Ansprüche auf Zahlung von Ehegattenunterhalt aus einem Urteil des Familiengerichts. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 4.3.2010 beantragte sie wegen eines Hauptsacheanspruchs nebst Zinsen und Kosten i.H.v. 16.697,38 EUR ggü. dem Grundbuchamt die Eintragung einer Zwangshypothek auf dem hälftigen Miteigentum des Schuldners an einem Grundstück. Zugleich beantragte sie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hierfür und die Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten. Die Rechtspflegerin bei dem Grundbuchamt hat dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stattgegeben, jedoch die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten abgelehnt. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Gläubigerin, dem die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.1. Das als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel ist nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 ZPO als sofortige Beschwerde statthaft und in zulässiger Weise eingelegt. Für das Verfahren der Eintragung einer Zwangshypothek nach § 867 ZPO ist nicht der Beschwerderechtszug der ZPO, sondern der Rechtsmittelzug der GBO gegeben (OLG Köln, FGPrax 2008, 193). Das formelle Grundbuchrecht wiederum ist nach § 23a Abs. 2 Nr. 8 GVG ein Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für das - soweit nicht die Grundbuchordnung Sondervorschriften enthält - das FamFG gilt (§ 1 FamFG). Für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in einem Grundbuchverfahren gelten daher die §§ 76 ff. FamFG. Entscheidungen hierüber unterliegen nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 ZPO somit der sofortigen Beschwerde. Über sie entscheidet nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG das OLG als Beschwerdegericht, weil es nach § 72 GBO auch in der Hauptsache das zuständige Beschwerdegericht wäre (vgl. Zimmermann in Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 76 Rz. 59).

2. Die Beschwerde führt in der Sache zu dem angestrebten Erfolg. Der Gläubigerin ist für ihren Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek ihre Verfahrensbevollmächtigte im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe nach § 78 Abs. 2 FamFG beizuordnen. Nach dieser Vorschrift wird einer Beteiligten auf Antrag eine Rechtsanwältin ihrer Wahl beigeordnet, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheint.

Bei der Subsumtion unter diese Voraussetzungen ist aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beachten, dass Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebietet (BVerfG FamRZ 2004, 1013). Die Beiordnung hat deshalb zu erfolgen, wenn auch eine bemittelte Beteiligte vernünftiger Weise eine Rechtsanwältin mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätte (BVerfG FamRZ 2002, 531 und NJW-RR 2007, 1713). Für die Feststellung des Vorliegens dieser Voraussetzungen ist dabei eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (BGH FamRZ 2006, 856), für die es auch darauf ankommt, ob die Beteiligte nach ihrer Vorbildung, geistigen Befähigung, Schreib- und Redegewandtheit mutmaßlich in der Lage ist, ihr Rechtsanliegen dem Gericht schriftlich oder mündlich ausreichend und ohne Gefahr einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung darzustellen (BGH NJW 2006, 1204; OLG Zweibrücken NJW 2010, 1212).

Für den hier zu entscheidenden Fall gilt demnach folgendes:

Der Senat hat bereits Bedenken an der in der Rechtsprechung verbreitet vertretenen Auffassung, ein Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek sei, sofern nicht besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art bestünden, im Regelfall einfach, zumal er bei der Rechtsantragstelle eines AG angebracht werden könne (vgl. LG Detmold, Rpfleger 2005, 33; LG Dessau, Beschl. v. 28.6.2006 - 7 T 255/06, juris). Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ist jedenfalls keine ohne weiteres einfache Rechtsmaterie und ob einem entsprechenden Antrag -besondere Schwierigkeiten- entgegen stehen, wird die in Rechtsangelegenheiten nicht erfahrene Partei ohne anwaltliche Beratung nicht feststellen können. Fehler bei der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen können, etwa durch einen Rangverlust, zu entscheidenden Rechtsnachteilen führen. Wie sich im Weiteren aus dem Tatbestand des Vollstreckungstitels ergibt, war die Gläubigerin jahrelang im Geschäftsbetrieb...

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