Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Pflicht des Betroffenen zum Erscheinen zu der im selbständigen Verfallsverfahren anberaumten Hauptverhandlung
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Entscheidung vom 25.05.2009) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 25. Mai 2009 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Die Betroffene hat gegen die ihr gegenüber im selbständigen Verfallsverfahren erlassenen Bescheide der Kreisverwaltung R. vom 11. April und vom 7. August 2008, mit denen wegen diverser Überladungen von Lastkraftwagen der selbständige Verfall eines Betrages in Höhe von 1.205,08 € und in Höhe von 1.134,61 € angeordnet worden ist, rechtzeitig Einspruch eingelegt. Nach Terminierung der Hauptverhandlung durch den Bußgeldrichter des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein hatte die Betroffene über ihren Verteidiger beantragt, ihren Geschäftsführer von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu entbinden. Diesem Antrag hat der Bußgeldrichter nicht entsprochen. Die Betroffene hat mit einem weiteren Schriftsatz ihres Verteidigers vom 18. Mai 2009 das Gesuch auf Entbindung des Geschäftsführers von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen wiederholt. Diesen Antrag hat der Bußgeldrichter vor der Hauptverhandlung am 25. Mai 2009 nicht beschieden. In der Hauptverhandlung, zu der weder der Geschäftsführer der Betroffenen noch deren Verteidiger erschienen sind, hat das Amtsgericht den Einspruch gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ohne Verhandlung zur Sache verworfen.
Dagegen wendet sich die Betroffene mit ihrer fristgemäßen Rechtsbeschwerde, mit der gerügt wird, in dem selbständigen Verfallsverfahren nach § 29 a Abs. 4 OWiG seien die Vorschriften der §§ 73, 74 OWiG nicht anzuwenden. Unabhängig davon hätte der Bußgeldrichter den Antrag auf Entbindung von der Erscheinungspflicht bereits vor Beginn der Hauptverhandlung bescheiden und ihm stattgegeben müssen. Die amtsgerichtliche Verfahrensweise habe daher ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Die Sachrüge ist nicht erhoben.
II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Die Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 1 StPO), da die Verfahrensrüge der Betroffenen, mit der sie die Unzulässigkeit der Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG beanstandet, nicht den Anforderungen des § 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.
Nach den genannten Vorschriften muss bei einer Verfahrensrüge der Tatsachenvortrag so vollständig und präzise sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift erschöpfend prüfen kann, ob ein Verfahrensverstoß vorliegt, wenn sich die behaupteten Tatsachen erweisen lassen. Die Verfahrensrüge muss ohne Bezugnahme und Verweisungen begründet sein. Insbesondere ist eine Bezugnahme auf die Akte, das Sitzungsprotokoll und andere Schriftstücke unzulässig. Lediglich bei einer zulässig erhobenen Sachrüge sind Urteilsausführungen zur Ergänzung der Verfahrensrüge durch das Rechtsbeschwerdegericht heranzuziehen; einer ausdrücklichen Verweisung auf die Urteilsgründe durch den Rechtsmittelführer bedarf es dazu nicht (vgl. BGH NStZ 1997, 378; BGHSt 36, 384; BGHSt 45, 203; BGHSt 46, 189).
1. Soweit mit der erhobenen Rüge eine nicht bestehende Pflicht der Betroffenen bzw. ihres Geschäftsführers zum Erscheinen zu der im selbständigen Verfallsverfahren anberaumten Hauptverhandlung und damit die Nichtanwendbarkeit der §§ 73, 74 OWiG behauptet wird, ist der dazu erforderliche Tatsachenvortrag unzureichend.
a. Die Rüge beschränkt sich ausschließlich auf den pauschalen Verweis auf einen Beschluss des 1. Strafsenats des OLG Köln vom 20. November 2001 - Ss 448/01 (StraFo 2002, 359), in dem eine Erscheinungspflicht der Verfallsbeteiligten kraft Gesetzes nach § 73 Abs. 1 OWiG und damit die Anwendbarkeit von § 74 Abs. 2 OWiG verneint wurde. Dies genügt nicht.
Für einen erschöpfenden Sachvortrag wäre es erforderlich gewesen, dass sich das Rügevorbringen auch damit befasst, dass auch aufgrund anderer Tatsachen keine Pflicht zum Erscheinen der Verfallsbeteiligten bzw. ihres Vertretungsorgans bestand. Der Umstand, dass der Verfallsbeteiligte gemäß § 87 Abs. 6, Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 OWiG lediglich die Befugnisse hat, die einem Betroffenen im Bußgeldverfahren zustehen, nicht aber dessen Pflichten, u.a. die hier kraft Gesetzes angeordnete Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung gemäß § 73 Abs. 1 OWiG, schließt nicht aus, dass im konkreten Einzelfall eine Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung existierte. Denn der Bußgeldrichter kann gemäß § 433 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 OWiG das persönliche Erscheinen des Verfallsbeteiligten bzw. seines Vertretungsorgans anordnen. In diesem Fall wird dem Verfallsbeteiligten bzw. seinem Vertretungsorgan der Termin der Hauptverhandlung nicht wie sonst üblich durch Zustellung bekannt gemacht, sondern es erfolgt eine gerichtliche Ladung zu dem Hauptverhandlungstermin (vgl. Göhler/Gürtler, OWiG, 1...