Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung der Herausgabeanordnung
Verfahrensgang
AG Zweibrücken (Aktenzeichen 1 F 215/00) |
Tenor
Die Anträge, zur Vollstreckung der Herausgabeanordnung gemäß Senatsbeschluss vom 15. November 2000 den Gerichtsvollzieher und/oder das Jugendamt zu ermächtigen, auch Gewalt gegen die betroffenen Kinder anzuwenden, werden abgelehnt.
Gründe
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vermag der Senat den auf § 33 Abs. 2 FGG gestützten Anträgen, zur Vollstreckung der Herausgabeanordnung auch Gewalt gegen die betroffenen Kinder anzuwenden, nicht zu entsprechen.
Zwar ist mit bestandskräftigem Beschluss des Senats vom 15. November 2000 die Herausgabe der betroffenen Kinder zwecks deren Rückführung in die Vereinigten Staaten von Amerika angeordnet. Auch teilt der Senat die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, wonach bei der Vollstreckung einer Herausgabeanordnung betreffend Kinder die Anordnung von Gewalt gegen diese selbst durchaus angeordnet werden kann (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Zimmermann, FG, 14. Aufl., § 33 Rdnr. 37 ff m.w.N.; zum Streitstand siehe Diercks, FamRZ 1994, 1226).
Das HKiEntÜ enthält keine Regelung betreffend den Vollzug einer ergangenen Herausgabeanordnung. Nach dessen Artikel 13 besteht indes keine Verpflichtung, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn nachgewiesen ist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist. Der dieser Vorschrift zugrundeliegende Gedanke und Grundsatz betrifft nicht nur die gerichtliche Anordnung der Kindesrückgabe als solche, sondern gilt für das Rückgabeverfahren insgesamt, also auch für die Vollstreckung. Auch bei bestandskräftiger Anordnung der Kindesherausgabe besteht danach keine Verpflichtung, die Anordnung von Gewalt gegen das herauszugebende Kind zu verfügen, wenn jedenfalls damit – und nicht nur mit der Herausgabe als solcher – eine schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist.
Nach dem kinderpsychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Oberarzt Dr. med. H. N., Universitäts-Nervenklinik und Poliklinik – Psychiatrie und Psychotherapie – H. vom 28. Februar 2001 wäre die gewaltsame Herausnahme der Kinder bei der Mutter mit der erheblichen Gefahr für die Kinder, seelischen Schaden zu nehmen, verbunden. Auf die näheren Ausführungen dazu in dem Gutachten wird Bezug genommen. Wenn denn wegen einer schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind schon dessen Rückgabe in Frage steht, so sieht sich der Senat auch bei bestandskräftiger Herausgabeanordnung durch diese nicht gehindert, dem noch weitergehenden Verlangen nach einer Gewaltanwendung gegen das Kind zur Vollstreckung der Herausgabeanordnung, mit der vorliegend eine weitergehende und schwerwiegendere Gefahr für das Kindeswohl verbunden ist, entgegenzutreten. Dem steht ebenso wie bei der Ablehnung der Rückführungsanordnung aus den Gründen des Art. 13 HKiEntÜ nicht entgegen, dass die Kindesmutter durch die Entführung der Kinder den widerrechtlichen Zustand herbeigeführt hat.
Unterschriften
Hoffmann, Goldstein, Geisert
Fundstellen
Haufe-Index 1532079 |
FamRZ 2001, 1536 |
ZfJ 2002, 72 |
IPRspr. 2001, 95 |
OLGR-KSZ 2001, 341 |