Leitsatz (amtlich)
1. Entschädigung für Verdienstausfall ist bei selbstständigen Gewerbetreibenden immer dann zu gewähren, wenn die Lebensstellung der Partei und ihre regelmäßige Erwerbstätigkeit die Vermutung rechtfertigen, dass etwas versäumt wurde. Im Hinblick darauf bestehen keine Bedenken, einer selbstständigen Maklerin, die ihr Büro alleine betreibt, den Höchstsatz von 13 Euro je angefangene Stunde zuzubilligen.
2. Für die Teilnahme an dem von einem Sachverständigen anberaumten Besichtigungstermin entsteht keine Beweisgebühr.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1 S. 2, §§ 104, 567, 569; ZSEG § 2 Abs. 2; ZSEG § 2 Abs. 3 S. 1; BRAGO §§ 52, 54 S. 1
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 6 O 1919/93) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Rechtspflegers des LG Frankenthal (Pfalz) vom 23.4.2002 i.V.m. dem Nichtabhilfebeschluss vom 24.7.2002 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die nach dem Beschluss des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 21.2.2002 von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf 9.957,53 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9.6.1998 seit dem 3.4.2002 festgesetzt.
Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.541,38 Euro festgesetzt.
Gründe
In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit hat der Senat durch Beweisbeschluss die Einholung eines Sachverständigengutachtens über Mängel angeordnet, welche die Beklagte der Werklohnforderung der Klägerin entgegengehalten hatte. An dem von dem Sachverständigen anberaumten Ortstermin hatte der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten teilgenommen. Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Rechtspfleger der Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch i.H.v. 9.905,53 Euro zuerkannt, jedoch abgelehnt, auch die von dem Rechtsanwalt für seine Teilnahme an dem Ortstermin begehrten Gebühren festzusetzen. Ferner sind von der Beklagten als „Zeitversäumnis/Verdienstausfall” geltend gemachte Kosten unberücksichtigt geblieben.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde, welcher der Rechtspfleger insoweit abgeholfen hat, dass er ihr einen Betrag von 8,20 Euro als Verdienstausfall zuerkannt hat.
Das nach §§ 567 Abs. 1, Abs. 2, 569 ZPO n.F. zulässige Rechtsmittel führt zu einem geringen Erfolg.
1. Zu Unrecht hat der Rechtspfleger die Kosten der Zeitversäumnis der Beklagten für ihre Teilnahme an dem Beweistermin vor dem Senat vom 21.2.2002, zu dem das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet war, gem. §§ 91 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 S. 1 ZSEG auf nur 2,05 Euro pro Stunde festgesetzt. Nach dieser Vorschrift erhält eine Partei den Mindestsatz, wenn ein Verdienstausfall nicht eingetreten ist. Davon kann jedoch entgegen der Auffassung des Rechtspflegers nicht ausgegangen werden.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass sie als selbstständige Maklerin ihr Büro alleine betreibt, sodass es durch die Terminsteilnahme nicht besetzt war. Dadurch seien ihr „möglicherweise” Aufträge entgangen. Das genügt. Die Gewährung einer Entschädigung für Verdienstausfall ist nicht von der Führung eines entspr. Nachweises abhängig. Insbesondere bei selbstständig Gewerbetreibenden wäre andernfalls die Führung eines Verdienstausfallnachweises nur sehr schwer oder überhaupt nicht möglich. Eine Entschädigung für Verdienstausfall ist daher immer zu gewähren, wenn die Lebensstellung der Partei und ihre regelmäßige Erwerbstätigkeit – wie hier – die Vermutung rechtfertigen, dass etwas versäumt wurde. Die Höhe der Entschädigung ist unter freier Beurteilung der Erwerbstätigkeit der Partei zu bemessen (Meyer/Höver/Bach, 22. Aufl., § 2 ZSEG Rz. 10 m.w.N.).
Danach bestehen hier keine Bedenken, der Beklagten nach § 2 Abs. 2 ZSEG eine Entschädigung nach dem Höchstsatz von 13 Euro für jede angefangene Stunde zuzubilligen. Ein weiter gehender Anspruch – wie von der Beklagten begehrt – besteht indes nicht, weil der in § 2 Abs. 2 ZSEG vorgesehene Höchstsatz auch dann nicht überschritten werden darf, wenn der tatsächlich eingetretene Verdienstausfall höher ist (OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.4.1999 – 8 W 365/98; bei Juris; Meyer/Höver/Bach, 22. Aufl., § 2 ZSEG Rz. 9.1 m.w.N.).
Die Beklagte kann mithin für einen zeitlichen Aufwand von insgesamt 4 Stunden eine Vergütung von 52 Euro beanspruchen.
2. Zutreffend hat der Rechtspfleger dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten die Anerkennung als Verkehrsanwalt (§ 52 BRAGO) für das Berufungsverfahren versagt. Auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss, welche die Beschwerde auch nicht näher angreift, wird Bezug genommen.
Auch i.Ü. hat der Rechtspfleger der Beklagten zu Recht keine Kostenerstattung für die Teilnahme ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an der von dem Sachverständigen anberaumten Ortsbesichtigung zugebilligt.
Zutreffend ist er davon ausgegangen, dass d...