Leitsatz (amtlich)
1. Ein Unterhaltsgläubiger, der zur Vorbereitung seiner Unterhaltsansprüche zunächst ein isoliertes Auskunftsverfahren anstrengt und nach dessen Abschluss mehr als zwei Jahre zuwartet bis er die (dann rückständigen) Zahlungsansprüche in einem gesonderten Verfahren geltend macht, muss sich im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren Mutwilligkeit im Sinne des §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 2 ZPO vorwerfen lassen.
2. Die Mutwilligkeit führt in diesem Fall nicht zur Versagung der Verfahrenskostenhilfe, wohl aber dazu, dass die durch die kostenerhöhende Vorgehensweise entstehenden Mehrkosten von der Verfahrenskostenhilfebewilligung ausgenommen werden.
Normenkette
FamGKG § 51; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Pirmasens (Aktenzeichen 1 F 252/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pirmasens vom 28. September 2020 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:
Der Antragstellerin wird für den ersten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe bewilligt, begrenzt auf einen Verfahrenswert von 6.782,00 EUR und unter Anrechnung der im Verfahren 1 F 27/18 (Amtsgericht Pirmasens) abgerechneten Gebühren.
Im Umfang der Verfahrenskostenhilfebewilligung wird der Antragstellerin Rechtsanwalt ... als Verfahrensbevollmächtigter zu den Bedingungen eines im Bezirk des Amtsgerichts ... niedergelassenen Rechtsanwaltes beigeordnet.
Die Verfahrenskostenhilfebewilligung erfolgt ohne Anordnung von Zahlungen.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
3. Die in Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 FamGKG bestimmte Festgebühr wird um die Hälfte reduziert; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten sind seit dem 1. Juli 2016 miteinander verheiratet und leben seit dem 11. Dezember 2017 voneinander getrennt. Zu Beginn des Jahres 2018 hatte die Antragstellerin vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Pirmasens (Az. 1 F 27/18) zunächst einen isolierten Auskunftsantrag geltend gemacht, den sie nach Erteilung der Auskunft am 11. April 2018 für erledigt erklärte.
Im hiesigen Verfahren begehrt die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Zahlung rückständigen Trennungsunterhaltes für den Zeitraum von April 2018 bis Dezember 2019 in von insgesamt 10.275,00 EUR, den sie mit Schriftsatz vom 6. Juli 2020 - beim Erstgericht eingegangen am 8. Juli 2020 - anhängig gemacht hat.
Das Familiengericht hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 28. September 2020, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, Verfahrenskostenhilfe bewilligt, soweit nicht Verfahrenskostenhilfe bereits im Verfahren 1 F 27/18 bewilligt und abgerechnet wurde. Weiterhin hat es die Verfahrenskostenhilfe auf einen Zahlungsantrag in Höhe von 708,00 EUR begrenzt.
Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, die beabsichtige Rechtsverfolgung sei mutwillig, da der Leistungsantrag im Wege der Antragserweiterung im Auskunftsverfahren 1 F 27/18 hätte geltend gemacht werden können. Aus diesem Grund könne Verfahrenskostenhilfe nur insoweit bewilligt werden, als im Verfahren 1 F 27/18 Mehrkosten durch Antragserweiterung entstanden wären. Da nach den Angaben des Antragstellers seinerzeit nur ein Rückstand für Januar bis März 2018 in Höhe von (3 × 236,00 EUR =) 708,00 EUR bestanden habe, könne nur hierfür Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die für ihre Anträge die uneingeschränkte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe begehrt.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei und erzielt in der Sache einen Teilerfolg.
1. Das Familiengericht hat den Verfahrenskostenhilfeantrag zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung als mutwillig im Sinne der § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 2 ZPO angesehen.
Mutwillig ist die Rechtsverfolgung, wenn eine Partei, die keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das gleiche Rechtsschutzziel durch künstliche, mithin ohne hinreichenden Sachgrund erfolgte Aufspaltung in mehreren Hauptsacheverfahren geltend gemacht wird (Münchener Kommentar, 6. Auflage, § 114 Rn. 71; Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 6. Dezember 2010, 12 W 2270/10).
So liegt der Fall hier:
Die Antragstellerin hat ihren (vorbereitenden) Auskunftsanspruch einerseits und den Zahlungsanspruch andererseits in getrennten Verfahren geltend gemacht und damit ohne erkennbaren Grund die Kosten durch Führung zweier Verfahren erhöht. Ein verständiger An...