Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Beseitigung von baulichen Veränderungen beim Wohnungseigentum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wohnungseigentümer kann von einem anderen Wohnungseigentümer nicht die Beseitigung von baulichen Veränderungen verlangen, die zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden sind, zu dem noch keine (werdende) Wohnungseigentümergemeinschaft bestand. Das gilt auch dann, wenn der frühere Alleineigentümer und Vermieter einem früheren Mieter die Durchführung der Baumaßnahmen auf der Grundlage des Mietvertrages gestattet hat.

2. Zur Beseitigung einer unterirdisch verlegten Wasserleitung, wenn die Teilungserklärung in Abänderung der §§ 22 Abs. 1 S. 2, 14 Nr. 1 WEG jegliche nicht völlig unerhebliche Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum von der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer abhängig macht.

 

Normenkette

WEG §§ 8, 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3, § 22 Abs. 1; BGB §§ 903, 1004

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 5 T 26/01)

AG Ludwigshafen (Aktenzeichen 2e UR II 80/00.WEG)

 

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten zu 1) haben die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 10.500 DM festgesetzt.

 

Gründe

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 29 Abs. 1 und 4, 22 Abs. 1 FGG). Das gilt auch insoweit, als die Beteiligten zu 1) das Rechtsmittel nach Ablauf der Einlegungsfrist auf weitere Teile der angefochtenen Entscheidung erstreckt haben (vgl. BGHZ 91, 154 [159] = MDR 1984, 814; Keidel/Kahl, FG, 14. Aufl., § 21 Rz. 7b).

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg; denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).

a) Zu Recht geht das LG – ebenso wie bereits das AG – davon aus, dass die Beteiligten zu 1) befugt sind, ohne Ermächtigungsbeschluss der übrigen Wohnungseigentümer den Beseitigungsanspruch allein gerichtlich geltend zu machen (vgl. BGHZ 116, 393 [394] = MDR 1992, 484; KG ZMR 2000, 331 [332]).

b) Die Beteiligten zu 1) haben keinen Anspruch auf Beseitigung des an der Wohneinheit der Beteiligten zu 2) angebrachten Vordachs sowie des im Bereich der Sondernutzungsfläche dieser Beteiligten errichteten Schwimmbeckens. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB scheidet als Rechtsgrundlage aus, weil die baulichen Maßnahmen an der Wohnanlage zu einer Zeit ausgeführt wurden, zu der weder eine rechtlich in Vollzug gesetzte noch eine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestand.

Bis zur Teilung gem. § 8 WEG kann der Eigentümer eines Grundstücks dieses – im Rahmen der Rechtsordnung – nach seinen Vorstellungen baulich ausgestalten (§ 903 BGB). Auch nach der Teilung bleibt er zunächst Eigentümer aller Wohnungs- und Teileigentumseinheiten. Ihm steht somit auch zu dieser Zeit noch die alleinige Herrschaftsmacht nicht nur über jedes Sondereigentum, sondern auch über das gemeinschaftliche Eigentum zu. Wenn er bis zu diesem Zeitpunkt das gemeinschaftliche Eigentum baulich verändert, so ist dies keine Beeinträchtigung i.S.d § 1004 BGB und er ist nicht etwa „Störer” seines eigenen Eigentums, auch wenn dieses schon die Rechtsform des Wohnungseigentums erhalten hat. Wenn sodann andere Personen Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten erwerben, übernehmen sie das Sondereigentum und das gemeinschaftliche Eigentum in dem Zustand, den diese bereits vorher erhalten haben. Sie können die Beseitigung dieses Zustands nicht gem. § 1004 BGB verlangen (BayObLG v. 5.3.1987 – BReg. 2 Z 111/86, BayObLGZ 1987, 78 [81 f.]; BayObLG WE 1991, 364; WE 1992, 194; BayObLG v. 5.11.1993 – 2 Z BR 83/93, NJW-RR 1994, 276; OLG-Schleswig WE 1994, 87). Die Rechtslage ist hier nicht anders, als wenn ein Eigentümer-Bauträger eine Wohnanlage von vornherein abweichend von dem ursprünglichen Plan (zugleich Aufteilungsplan) errichtet und anschließend Wohnungseigentum überträgt. Der Wohnungseigentümer, der einen Miteigentumsanteil mit Sondereigentum in einer bestimmten baulichen Gestaltung erwirbt, ist nicht schon deshalb Störer i.S.d. § 1004 BGB, weil der Zustand der Wohnanlage von dem in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung vorgesehenen abweicht (BayObLG v. 27.3.1986 – BReg. 2 Z 109/85, NJW-RR 1986, 954 [955]; v. 19.1.1988 – BReg. 2 Z 20/87, NJW-RR 1988, 587 [588]; OLG Hamm WE 1993, 318 [319]).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist hier ein Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB nicht gegeben: Das LG hat verfahrensfehlerfrei und damit für den Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindend festgestellt, dass sowohl das Schwimmbecken als auch das Vordach vor der Teilung gem. § 8 WEG errichtet worden waren. Entgegen der mit der weiteren Beschwerde erneut vorgetragenen Auffassung der Beteiligten zu 1) ist es für die rechtliche Beurteilung unerheblich, dass den damaligen Mietern des ...

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