Normenkette
GNotKG § 3 Abs. 2 Anl 1 Nr. 11101
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 19.06.2020; Aktenzeichen 8 T 97/20) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde des Betroffenen werden der Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 19. Juni 2020 und der Kostenansatz des Amtsgerichts Alzey vom 12. Mai 2020 ersatzlos aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das Verfahren betrifft die Bemessung der Jahresgebühr für ein Betreuungsverfahren. Zu entscheiden ist, ob das infolge eines sog. Behindertentestaments zugeflossene Vermögen des Betreuten, der nicht befreiter Vorerbe bei angeordneter Dauertestamentsvollstreckung ist, bei der Berechnung der Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG werterhöhend in Ansatz zu bringen ist.
Für den Betroffenen ist seit 1997 ein gesetzlicher Betreuer bestellt, zu dessen Aufgabenkreis auch die Vermögenssorge gehört. Der Betroffene ist nicht befreiter Vorerbe seiner Eltern, sein Vater ist 2005 verstorben, seine Mutter 2019. Der Nachlass unterliegt einer Dauertestamentsvollstreckung. Den Wert des Nachlasses hat der Testamentsvollstrecker mit insgesamt 564.852,12 EUR angegeben.
Mit Kostenansatz vom 10. Oktober 2019 hat die Kostenbeamtin des Amtsgerichts die Jahresgebühren bei Dauerbetreuung für 2018 und 2019 unter Zugrundelegung eines 25.000 EUR übersteigenden Vermögens auf einen Betrag von insgesamt 1.530,50 EUR festgesetzt. Die Erinnerung, die der Betreuer für den Betroffenen gegen den Kostenansatz unter Berufung auf den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18. Januar 2019 (34 Wx 165/18) eingelegt hat, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 12. Mai 2020 zurückgewiesen. Der Betroffene sei als nicht befreiter Vorerbe Inhaber des Vermögens, woran auch die Dauertestamentsvollstreckung nichts ändere. Das einfach gehaltene Kostenrecht werde überfrachtet, wenn der Kostenbeamte komplizierte Prüfungen vornehmen müsste, inwieweit der Betreute über sein Vermögen verfügen könne.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss unter Zulassung der weiteren Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus, nach dem klaren Wortlaut der Regelung der Nr. 11101 KV GNotKG komme es auf die tatsächliche Verfügbarkeit über die Vermögenswerte nicht an. Die Auffassung des Oberlandesgerichts München, auf die der Betreuer sich berufe, überzeuge nicht. Das Nachlassvermögen sei Gegenstand der Betreuung, weil der Betreuer als Vertreter des Betroffenen die diesem zustehenden Kontrollrechte nach § 2218 BGB ausüben und die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Testamentsvollstrecker prüfen und ggf. umsetzen müsse. Dementsprechend habe das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Kontrolltätigkeit zu prüfen, ob der Betreuer diesen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachgekommen sei. Der damit verbundene Aufwand könne nicht als typischerweise derart gering angesehen werden, dass eine Berücksichtigung bei Berechnung der Jahresgebühr nach Sinn und Zweck der Regelung nicht geboten sei. Vielmehr dürfe die Überwachung der Kontrolltätigkeit des Betreuers einen ähnlich hohen Aufwand erfordern wie die Überwachung einer unmittelbaren eigenen Vermögensverwaltung durch den Betreuer, da das Betreuungsgericht sich einen Überblick über die vom Betreuer zu überwachende Tätigkeit des Testamentsvollstreckers verschaffen müsse, um prüfen zu können, ob der Betreuer seinerseits seinen Kontroll- und Überwachungspflichten hinreichend nachgekommen sei. Weder Gesetzeswortlaut noch Gesetzeszweck sprächen daher gegen eine Berücksichtigung des Vermögens des nicht befreiten Vorerben, der der Dauerverwaltung durch einen Testamentsvollstrecker unterliege.
Hiergegen richtet sich die vom Betreuer für den Betreuten eingelegte weitere Beschwerde, mit der dieser eine obergerichtliche Entscheidung begehrt.
Der Senat hat die Vertreterin der Staatskasse beteiligt. Diese hat unter Bezugnahme auf Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart, Celle und Hamm ausgeführt, es sei allein darauf abzustellen, dass der Betreute Inhaber des Vermögens sei und es nicht auf die Verfügbarkeit des Vermögens ankomme. Die Tätigkeit der Kostenbeamten werde ansonsten mit einer im Einzelfall rechtlich komplizierten Prüfung überfrachtet, was dem Interesse der Praktikabilität widerspreche.
II. 1. Die weitere Beschwerde ist infolge der Zulassung durch das Landgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 81 GNotKG. Der Senat ist gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 b GerOrgG Rheinland-Pfalz zur Entscheidung über die Kostenbeschwerde berufen.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur ersatzlosen Aufhebung des angegriffenen Kostenansatzes. Das dem Betroffenen infolge des sog. Behindertentestaments zugewandte Vermögen ist bei der Berechnung der Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG nicht werterhöhend zu berücksichtigen.
Gemäß Nr. 11101 KV GNotKG ist eine wertabhängige Jahresgebühr für jedes angefangene Kalenderjahr einer Dauerbetreuung zu erheben, sofern die Betreuun...