Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Entscheidung vom 18.11.2019) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 3. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 18. November 2019 aufgehoben,
- soweit der Angeklagte wegen Bedrohung zum Nachteil der Zeugin N. verurteilt worden ist (Fall II.3.3 der Urteilsgründe); insoweit wird das Verfahren eingestellt,
- mit den zugrundeliegenden Feststellungen im Fall II.3.2 der Urteilsgründe (Tat vom 7. Juni 2016) und
im Ausspruch über die Gesamtstrafe;
in diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht II - Kaiserslautern hat den Angeklagten am 12. Juni 2018 unter Freisprechung im Übrigen schuldig gesprochen "einer gefährlichen Körperverletzung, zweier Bedrohungen und einer Beleidigung" und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht am 18. November 2019 mit der Maßgabe verworfen, dass die Gesamtfreiheitsstrafe auf ein Jahr und drei Monate ermäßigt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird. Die dagegen gerichtete, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
II.
1.
Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Verurteilung im Fall II.3.1 (Tat vom 1. April 2016) wegen gefährlicher Körperverletzung sowie wegen einer im Oktober 2017 zum Nachteil der Zeugin N. begangenen Beleidigung richtet, sind der Schuld- und Rechtsfolgeausspruch jeweils frei von den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehlern (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat schließt sich insbesondere den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft aus der Antragsschrift vom 8. Februar 2020 an, dass das von der Geschädigten unterzeichnete Vernehmungsprotokoll vom 14. Oktober 2017 den nach § 194 Abs. 1 S. 1 StGB i.V.m. § 158 Abs. 2 StPO notwendigen Strafantrag enthält.
2.
Soweit der Angeklagte wegen einer ebenfalls im Oktober 2017 zum Nachteil der Zeugin N. begangenen Bedrohung verurteilt worden ist, war das angegriffene Urteil aufzuheben und das Verfahren wegen Fehlens der Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklageschrift und demzufolge eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses einzustellen.
a) Durch die mit Beschlüssen des Amtsgerichts vom 24. Januar 2018 (Bl. 84 der Tatheft 4) und vom 26. April 2018 (Bl. 210 der Hauptakte 6310 Js 8873/16) unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage vom 30. November 2017 (Az.: 6310 Js 18000/17, Tatheft 4) hat die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern dem Angeklagten u.a. zur Last gelegt, "im Oktober 2017 (...) einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht zu haben". Hierzu ist im konkreten Anklagesatz ausgeführt: "Zudem drohte er ihr [der Zeugin N.] an, sie umzubringen. Er gab an, er werde ihren ‚Kopf mit einer Axt spalten‚."
b) Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
"Im Oktober 2017 geriet der Angeklagte mit F. N. aus K. wegen eines Handyverkaufs von N. an einéSchutzperson‚ des Angeklagten in Streit. Der Angeklagte (...) droht, dass er ihre Kinder erschießen und ihr das Handy mit Ladekabel in ihre Fotze schieben werde."
c) Damit ist die Identität zwischen der abgeurteilten Tat und dem von der Anklageschrift erfassten Lebenssachverhalt nicht gewahrt.
Die Tat als Prozessgegenstand ist zwar nicht nur der in der Anklageschrift umschriebene Geschehensablauf; zur Tat gehört vielmehr das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorgang nach der Lebensauffassung ein einheitliches Vorkommnis bildet. Verändert sich im Laufe des Verfahrens der Lebenssachverhalt, wie er in der zugelassenen Anklageschrift beschrieben ist, so bemisst sich die Frage, ob die Identität der prozessualen Tat trotz Veränderung des Tatbildes noch gewahrt ist, nach den Kriterien der sog. "Nämlichkeit" der Tat. Dabei wird die prozessuale Tat im Wesentlichen durch Tatort, Tatzeit und das Tatbild umgrenzt und insbesondere durch das Täterverhalten sowie die ihm innewohnende Angriffsrichtung sowie das Tatopfer bestimmt (zu allem: BGH, Beschluss vom 13.02.2019 - 4 StR 555/18, juris Rn. 5 m.w.N.).
Gemessen hieran steht nicht fest, dass es sich bei der abgeurteilten Tat (noch) um die in der Anklage beschriebene prozessuale Tat handelt. Zwar ist der Adressat der Äußerung derselbe (Zeugin N.). Auch ist der in der Anklageschrift bezeichnete Tatzeitraum ("im Oktober 2017") identisch. Letzterer stellt für die Beurteilung der "Nämlichkeit" der Tat aber schon deshalb kein geeignetes Kriterium dar, weil er weit gefasst und daher zur Identifizierung der Tat nur ganz eingeschränkt geeignet ist. Die Identität der Tat bestimmt sich hier vielmehr in erster Linie nach dem Inhalt ...