Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Haftung des Belegarztes und des krankenhausträgers wegen fehlerhafter organisation betreffend die Durchführung einer Notsectio

 

Verfahrensgang

LG Landau (Pfalz) (Urteil vom 07.02.2008; Aktenzeichen 4 O 646/03)

 

Tenor

I. Die Berufungen des Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 3) gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 7.2.2008 werden insoweit zurückgewiesen, als die bezifferte Klage dem Grunde nach und der Feststellungsantrag für begründet erklärt worden sind.

II. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Landau in der Pfalz vom 7.2.2008 wird insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die Klageabweisung gegen die Beklagte zu 2) richtet.

III. Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) im Berufungsverfahren zu tragen.

Die Kostenentscheidung im Übrigen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

IV. Das Urteil ist in Bezug auf den Kostenerstattungsanspruch der Beklagten zu 2) vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung der Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die am ... im früheren Kreiskrankenhaus in A. im Wege einer Notsectio geborene Klägerin verlangt von dem Beklagten zu 1) als Gynäkologen, Belegarzt und Operateur, der Beklagten zu 2) als Beleghebamme und dem Beklagten zu 3) als Träger des früheren Kreiskrankenhauses A. die Erstattung von Fahrtkosten ihres Vaters im Zeitraum vom 9.2.2001 bis 2.8.2002 i.H.v. 1.004,40 EUR aus abgetretenem Recht, die Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. mindestens 30.000 EUR, den Zuspruch einer monatlichen Schmerzensgeldrente i.H.v. 150 EUR ab dem 22.1.2001 und die Feststellung einer gesamtschuldnerischen Ersatzpflicht aller Beklagter für ihre sämtlichen materiellen und immateriellen Zukunftsschäden.

Die Klägerin macht geltend, dass sie aufgrund von Behandlungsfehlern des Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) sowie von Organisationsmängeln des Beklagten zu 3) bei ihrer Geburt eine schwere perinatale Asphyxie erlitten habe, die zu Bewegungsstörungen, Behinderungen in der Sprachentwicklung und zu Hüftgelenksfehlstellungen geführt hätten.

Der Beklagte zu 1) war seit dem 1.4.1998 im Kreiskrankenhaus A. als Belegfrauenarzt tätig. Er hatte die Schwangerschaft der am ... geborenen Mutter der Klägerin ab dem 2.6.2000 ambulant betreut, wobei sich seine damaligen Praxisräume im früheren Kreiskrankenhaus A. befanden.

Am ... hatte die Mutter der Klägerin bereits einen Sohn im Krankenhaus der Beklagten zu 3) geboren, wobei der Beklagte zu 1) als betreuender Gynäkologe und Belegarzt damals eine Kaiserschnittentbindung wegen dreifacher Nabelschnurumschlingung um den Hals des Kindes durchgeführt hatte.

Den weiteren Belegfrauenarzt des damaligen Kreiskrankenhaus A. Dr. H. L..., der im Zeitraum vom 1.7.1987 bis 31.12.2001 dort tätig war, hatte der Beklagte zu 3) mit Schreiben vom 15.6.1994 angewiesen, ab sofort Risikogeburten grundsätzlich nicht mehr in die Belegabteilung in A. aufzunehmen, da aufgrund der Größe und Ausstattung der Belegabteilung es nicht möglich sei, dass ständig ein gynäkologischer Facharzt präsent sei.

Ob auch der Beklagte zu 1) hiervon Kenntnis hatte, ist zwischen den Parteien streitig.

Zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin bestand eine ärztliche Anästhesiebereitschaft gleichzeitig für beide Krankenhäuser des Beklagten zu 3) in B. B. und A.

Die Chefärztin der Anästhesieabteilung des Kreiskrankenhauses B. B., Dr. H. S., hatte mit Schreiben vom 27.12.1999 der C. T. T. und der Landrätin des Beklagten zu 3) mitgeteilt, dass bei der Versorgung geburtshilflicher Notfälle am Standort A. mit einer Anfahrtszeit des Bereitschafts-Anästhesisten von 20 bis 40 Minuten gerechnet werden müsse, was schon seit Jahren nicht mehr den geltenden Mindestanforderungen für geburtshilfliche Abteilungen entspreche.

Einen gynäkologischen ärztlichen Bereitschaftsdienst gab es zum Zeitpunkt der Geburt der Klägerin im Kreiskrankenhaus A. nicht.

Der damals in L. niedergelassene Gynäkologe O. T. wurde gemäß jahrelanger Übung vom Beklagten zu 1) bzw. dem Kreiskrankenhaus A. in den Fällen als ärztlicher Assistent zu Geburten gerufen, in denen eine Schnittentbindung notwendig und ihm ein Einsatz zeitlich möglich war. Der Zeuge T. rechnete dabei sein Honorar direkt mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab, wobei kein schriftlicher Vertrag mit dem Beklagten zu 1) oder der Beklagten zu 3) vorlag.

Die Geburtshilfeabteilung des Kreiskrankenhauses A. wurde am 20.3.2001 vorläufig und zwischenzeitlich endgültig geschlossen.

Gegen die Verantwortlichen des Kreiskrankenhauses A. wurde unter dem Az.: 7028 Js 3643/01 bei der Staatsanwaltschaft Landau in der Pfalz ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung betreffend anderweitigen Geburtsvorgängen geführt, das mi...

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