Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung von Mitteilung des Nachlassgerichts
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Mitteilung des Nachlassgerichts, den Inhalt eines Erbvertrages den eingesetzten Schlusserben bekannt zu machen, ist als Endentscheidung i.S.d. §§ 58, 38 FamFG zu qualifizieren und deshalb anfechtbar.
2. Im Rahmen der Beurteilung, wer als sonstiger Berechtigter i.S.d. § 348 FamFG zu beteiligen ist, ist auf den Zweck der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen abzustellen.
Verfahrensgang ...
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Normenkette
FamFG §§ 38, 58, 348
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Verfügung des AG Diez vom 22./25.2.2010 wird aufgehoben.
Das AG wird angewiesen, den notariellen Erbvertrag der Eheleute R. und D. S. - Urk.-R.- Nr. 1 ... - vom 27.11.1984 weder der in Ziff. III. des Vertrages genannten Nichte I. R. noch dem Neffen H. R. zu eröffnen.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin schloss mit ihrem inzwischen verstorbenen Ehemann am 27.11.1984 einen notariellen Erbvertrag, in dem sich die Eheleute unter Ziff. II. gegenseitig zu alleinigen und unbeschränkten Erben eingesetzt und weiter bestimmt haben, dass der Überlebende frei und uneingeschränkt über seinen eigenen Nachlass und den des Zuerstverstorbenen verfügen kann. In Ziff. III. des Vertrages wurden nach dem Tod des Längstlebenden eine Nichte und ein Neffe der Ehefrau zu je 1/2 als Erben berufen. Zugleich wurde in Ziff. IV. dem Überlebenden das Recht vorbehalten, die Erbeinsetzung in Ziff. III. aufzuheben, abzuändern und andere Erben einzusetzen.
Mit Verfügung vom 22.2.2010 hat die Rechtspflegerin des AG Diez der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass der Erbvertrag eröffnet werden muss und zugleich um Mitteilung der Anschriften der Erben gebeten. Auf telefonische Nachfrage der Beschwerdeführerin wurde ihr mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den gesamten Inhalt des Erbvertrages der Nichte und dem Neffen mitzuteilen. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde, der die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 24.3.2010 nicht abgeholfen hat.
II.1. Die Beschwerde der Ehefrau des Erblassers ist zulässig. Zwar sind vorbereitende Zwischenverfügungen des Gerichts grundsätzlich nicht anfechtbar (vgl. etwa OLG Zweibrücken FGPrax 2000, 109-110, mit weiteren Nachweisen). Die Beschwerde gegen eine solche Verfügung ist aber ausnahmsweise dann statthaft, wenn sie in Rechte des davon Betroffenen in einem so erheblichen Maße eingreift, dass ihre selbständige Anfechtbarkeit unbedingt geboten ist (OLG Zweibrücken, a.a.O.). Dies ist hier der Fall. Die Mitteilung der auch telefonisch bestätigten Absicht des Nachlassgerichtes, den Inhalt des Erbvertrages der Nichte und dem Neffen bekanntzugeben, ist als Endentscheidung i.S.d. §§ 58, 38 FamFG zu qualifizieren. Denn sie kündigt einen schweren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des überlebenden Vertragspartners an, wozu auch die Geheimhaltung des eigenen Testamentes gehört (vgl. hierzu Keidel/Zimmermann, FamFG 16. Aufl., § 348 Rz. 79 und § 349 Rz. 29, mit Hinweisen auf die zum FGG ergangene Rechtsprechung).
2. Die Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg.
Zwar besagt § 348 FamFG, dass das Gericht zur Eröffnung der Verfügung von Todes wegen einen Termin bestimmen und die gesetzlichen Erben sowie die sonstigen Berechtigten zum Termin laden kann. Diese Bestimmung gilt indes nicht ausnahmslos. Vielmehr ist bei der Beurteilung, wer als Beteiligter in Betracht kommt, auf den Zweck der Eröffnung abzustellen. Dieser geht dahin, Personen, deren Rechtsstellung durch die vom Erblasser in der Verfügung von Todes wegen getroffenen Bestimmungen unmittelbar beeinflusst wird, von dem sie betreffenden Inhalt Kenntnis zu geben, um sie in den Stand zu versetzen, das zur Wahrnehmung ihrer Interessen Zweckdienliche zu veranlassen (vgl. BGH NJW 1978, 633 zu dem am 1.9.2009 außer Kraft getretenen § 2262 BGB).
Die hier von dem Erblasser und der Beschwerdeführerin in dem Erbvertrag unter Ziff. III. getroffene Verfügung, mit welcher als alleinige Erben nach dem Tod des Längstlebenden die Nichte I. R. und der Neffe H. R. zu je 1/2 berufen worden sind, wurde in Ziffern II. und IV. des Erbvertrages dahin modifiziert, dass der Überlebende das freie und uneingeschränkte Recht hat, die Erbeinsetzung zu Ziff. III. aufzuheben, abzuändern und andere Erben zu benennen. Aus dieser Regelung ergibt sich, dass kein Anlass besteht, die Nichte und den Neffen bereits jetzt an dem Verfahren zu beteiligen. Sie werden dadurch auch nicht in der Wahrnehmung ihrer Interessen gehindert, weil nämlich nicht feststeht, ob sie tatsächlich Erben, d.h. Schlusserben der überlebenden Beschwerdeführerin, werden. Denn diese hat es, wie der Erbvertrag eindeutig regelt, jederzeit in der Hand, eine anderweitige letztwillige Verfügung zu treffen.
Da die Nichte und der Neffe der Ehefrau des Erblassers damit nicht Beteiligte i.S.d. § 348 FamFG sind, spielt die Frage, ob der Erbvertrag trennbare Ver...