Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Wohnungseigentümers neben dem Zwangsverwalter auf rückständiges Wohngeld bei unter Zwangsverwaltung stehender Eigentumswohnung
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Haftung für Wohngeldansprüche tritt bei zwangsverwaltetem Wohnungseigentum der Zwangsverwalter neben den Eigentümer, nicht an dessen Stelle, weshalb die persönliche Verpflichtung des Wohnungseigentümers zur Zahlung rückständiger Beiträge nicht entfällt.
Normenkette
WEG § 16; ZVG § 146 Abs. 1, § 148 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 29.06.2004; Aktenzeichen 2 T 202/04) |
AG Linz (Aktenzeichen 5 UR II 169.03/WEG) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1) hat die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
III. Der Gegenstandswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.535,60 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) wird als Wohnungseigentümerin von den Beteiligten zu 2), den übrigen Mitgliedern einer Wohnungseigentumsgemeinschaft, auf Zahlung rückständigen Wohngeldes in Anspruch genommen. Sie hält sich nicht für zahlungsverpflichtet, da über die maßgeblichen Wohnungen die Zwangsverwaltung angeordnet ist. Ihrer Auffassung nach müssten sich die Wohnungseigentümer ausschließlich an den Beteiligten zu 3), den Zwangsverwalter, halten.
Das LG hat die Verurteilung der Beteiligten zu 1) durch das AG bestätigt; hiergegen richtet sich ihre weitere Beschwerde.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft und auch sonst in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 WEG, §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 4, 21 Abs. 2, 22 FGG).
In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
1. Zwar trifft zu, dass das LG, ebenso wie zuvor das AG, nicht sämtliche Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt hat, sondern nur diejenigen, die im Antragsschriftsatz vom 18.8.2003 aufgeführt sind. Dies verstößt gegen § 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG, wonach alle Wohnungseigentümer materiell beteiligt und deshalb auch durch das Gericht zum Verfahren hinzuzuziehen sind. Die Folge dieser Unterlassung ist im vorliegenden Fall aber nicht die Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LG. Denn die unterlassene Beteiligung hat der Senat noch im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt. Dies ist zulässig, wenn eine weitere Sachaufklärung weder notwendig noch zu erwarten ist und es nur darum geht, den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren (BGH FGPrax 1998, 15). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, nachdem sich die Beteiligte zu 1) ausschließlich mit der Begründung zur Wehr setzt, sie sei wegen der bestehenden Zwangsverwaltung über den maßgeblichen Miteigentumsanteil und das Sondereigentum an ihren Wohnungen nicht (mehr) passiv legitimiert. Auch das Vorbringen der übrigen Beteiligten befasst sich lediglich mit der Rechtsfrage der Haftung eines Wohnungseigentümers neben dem Zwangsverwalter.
2. Zu Recht hat das LG die Beteiligte zu 1) zur Zahlung der rückständigen Wohngeldforderungen verpflichtet. Die mit der Rechtsbeschwerde erhobenen Einwände führen nicht zu einem anderen Ergebnis.
Die Beteiligte zu 1) ist aufgrund der Jahresabrechnung 2000 und der bestandskräftigen Jahresabrechnungen 2001 und 2002 bzw. des Wirtschaftsplans vom 17.4.2003 für die Zeit von Januar 2003 bis August 2003 zur Zahlung des Wohngeldes, wie im angefochtenen Beschluss des LG festgesetzt, verpflichtet. Dies bekämpft die Beteiligte zu 1) lediglich mit der Rechtsbehauptung, aufgrund der bestehenden Zwangsverwaltung sei sie für die geltend gemachte Forderung nicht passiv legitimiert; gem. § 16 WEG sei mit Anordnung der Zwangsverwaltung vielmehr ausschließlich der Zwangsverwalter materiell-rechtlicher Rechtsinhaber und damit ausschließlich Schuldner der Wohngelder. Damit kann sie nicht durchdringen. Die Beteiligte zu 1) verkennt die Bedeutung und Tragweite der angeordneten Zwangsverwaltung.
Wird aufgrund eines rechtskräftigen oder durch einstweilige Anordnung für vorläufig vollstreckbar erklärten Titels die Zwangsverwaltung des Wohnungseigentums angeordnet, so gilt dies zugunsten des antragstellenden Gläubigers als Beschlagnahme der Eigentumswohnung (§§ 146 Abs. 1, 20 Abs. 1 ZVG). Durch die Beschlagnahme wird dem Schuldner die Verwaltung und Benutzung der Wohnung entzogen (§ 148 Abs. 2 ZVG), es findet, anders als im Falle des rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergangs und der Zwangsversteigerung, jedoch kein Rechtsübergang statt. Der Zwangsverwalter tritt nicht an die Stelle des Eigentümers, sondern neben diesen (Wenzel, ZInsO 2005, 113). Aus der Pflicht des Zwangsverwalters zur Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums vom Zeitpunkt der Beschlagnahme an folgt jedoch nicht im Umkehrschluss, dass die Haftung des Wohn...