Leitsatz (amtlich)
Ein Pflichtverteidiger kann nicht für das gesamte Maßregelvollstreckungsverfahren bestellt werden, sondern nur für den einzelnen Verfahrensabschnitt, wie er sich insbesondere aus den in § 67e StGB vorgesehenen, regelmäßig zu wiederholenden Überprüfungen ergibt.
Normenkette
StPO §§ 141, 463; StGB § 67e
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Entscheidung vom 13.01.2010; Aktenzeichen 3 StVK 10/10) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 13. Januar 2010 geändert und wie folgt neu gefasst:
Der dem Verurteilten mit Verfügung der Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 7. August 2009 als Pflichtverteidiger für das Vollstreckungsverfahren beigeordnete Rechtsanwalt B..., Landau in der Pfalz, wird entpflichtet. Stattdessen wird dem Verurteilten Rechtsanwältin S..........., Frankfurt am Main als Pflichtverteidigerin bestellt für das Verfahren zur Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung, die durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 13. August 2009 bis spätestens 11. Februar 2010 angeordnet worden ist.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der darin entstandenen notwenigen Auslagen des Verurteilten trägt die Landeskasse.
Gründe
Durch Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 24. April 2008 wurde die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt und in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, wobei die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vorweg zu vollstrecken ist. Der Verurteilte befindet sich seit dem 19. September 2007 nicht mehr in Freiheit; die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wird seit dem 15. Juli 2008 im Pfalzklinikum Klingenmünster vollzogen. Die Kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Landau in der Pfalz hat durch Beschlüsse vom 5. Februar und 13. August 2009 jeweils die Fortdauer der Unterbringung angeordnet und den Zeitpunkt der nachfolgenden Überprüfung festgesetzt, zuletzt auf den 11. Februar 2010.
Dem Verurteilten war der Rechtsanwalt B..., Landau in der Pfalz, als Pflichtverteidiger beigeordnet worden; zunächst - am 3. Februar 2009 - für die an diesem Tag stattfindende Anhörung, anschließend - durch Verfügung vom 7. August 2009 - "für das Vollstreckungsverfahren". Durch Schriftsätze vom 26. August und 2. Dezember 2009 hat die Rechtsanwältin S........... die Verteidigung des Verurteilten in dem für Februar 2010 anstehenden Anhörungsverfahren angezeigt und - unter Ankündigung der Niederlegung ihres Wahlmandates - beantragt, sie für dieses Verfahren als Pflichtverteidigerin beizuordnen. Die Strafvollstreckungskammer hat diesen Antrag durch den angefochtenen Beschluss vom 13. Januar 2010 zurückgewiesen, weil Rechtsanwalt B... bereits für das gesamte Vollstreckungsverfahren beigeordnet sei und eine Entpflichtung nicht in Betracht komme. Der Beschwerde des Verurteilten hat die Kammer nicht abgeholfen.
Das zulässige Rechtsmittel führt in der Sache zum Erfolg. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2007 (StraFo 2008, 40) ausgeführt hat, wird der Pflichtverteidiger nicht für das gesamte Straf- oder Maßregelvollstreckungsverfahren bestellt, sondern nur für den einzelnen Verfahrensabschnitt, wie er sich insbesondere aus den in § 67e StGB vorgesehenen regelmäßig zu wiederholenden Überprüfungen ergibt. Der Senat konnte in der damaligen Entscheidung offen lassen, ob entsprechend der Auffassung des OLG Stuttgart (NJW 2000, 3367; wohl zustimmend Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 140 Rn. 33a) der Verteidiger nach pflichtgemäßem Ermessen auch "für das Vollstreckungsverfahren" insgesamt beigeordnet werden kann. Eine solche umfassende Bestellung ist hier durch die Verfügung vom 7. August 2009 vorgenommen worden.
Der Senat schließt sich in dieser Frage nunmehr der Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main und des Kammergerichts an, wonach eine Bestellung für das gesamte Vollstreckungsverfahren auszuscheiden hat (OLG Frankfurt NStZ-RR 2003, 252; KG NStZ-RR 2002, 63; KK-StPO 6. Aufl. § 141 Rn. 11; s.a. OLG Bamberg NJW 2007, 3796). Sie widerspricht dem - gerade beim Maßregelvollzug - oft lang andauernden und wechselhaften Verlauf der Vollstreckung. Insbesondere wird sie - wie auch der vorliegende Fall zeigt - dem berechtigten Anspruch des Verurteilten auf die Auswahl des von ihm gewünschten Verteidigers nicht gerecht. Für die dauerhafte Festlegung auf einen zunächst ausgesuchten Verteidiger bestehen angesichts der außergewöhnlichen und oft als besonders belastend empfundenen Situation der häufig über lange Zeiträume Untergebrachten keine nachvollziehbaren Gründe.
Im Übrigen führt die umfassende Beiordnung auch zu kostenrechtlichen Schwierigkeiten und Widersprüchen (so zutreffend OLG Frankfurt aaO.), die in der Praxis regelmäßig im Sinne einer faktisch doch abschnittsweisen Betrachtung gelöst werden dürften; dem entspricht, soweit ersichtlich, auch die Abrechnungspraxis des Landgerichts Lan...