Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugewinnausgleich: Leistungsverweigerung wegen grober Unbilligkeit
Leitsatz (amtlich)
Gegenüber der auf eine Unterschlagungshandlung des Ausgleichsberechtigten gestützten Billigkeitseinrede aus § 1381 BGB ist die Prüfung etwaiger aufrechenbarer Gegenansprüche vorrangig, weil andernfalls das Haftungsregime des Deliktsrechts mit den ihm immanenten Wertungen unterlaufen würde und in prozessualer Hinsicht die Reichweite der Rechtskraft unklar bliebe, wenn der Ausgleichsanspruch im Rahmen einer bloßen Schlüssigkeitsbetrachtung unter Anwendung von § 1381 BGB verneint wird.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2, §§ 989-990, 1381; StGB § 246
Verfahrensgang
AG Neustadt an der Weinstraße (Aktenzeichen 2 F 337/14) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße vom 9. Januar 2018 im Kostenpunkt (Ziff. 2 der angefochtenen Entscheidung) teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Von den Kosten des Verfahrens der ersten Instanz hat der Antragsteller 85 Prozent, die Antragsgegnerin 15 Prozent zu tragen.
2. Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller 80 Prozent, die Antragsgegnerin 20 Prozent zu tragen.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 203.363,27 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Zugewinnausgleich an den Antragsteller.
Die Beteiligten schlossen am 15. März 1991 die Ehe, aus der eine Tochter hervorgegangen ist. Die Trennung der Beteiligten erfolgte im Juli 2011. Auf den am 3. August 2012 dem Antragsteller zugestellten Scheidungsantrag der Antragsgegnerin wurden die Beteiligten am 22. Januar 2013 durch das Amtsgericht - Familiengericht - Neustadt an der Weinstraße geschieden. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 1. März 2013 rechtskräftig.
Im Rahmen einer mit "Erbvertrag - weitere Bestimmungen" überschriebenen, vor dem Notar S. errichteten notariellen Urkunde (UrkNr. ...94/91) vom 11. November 1991 hatten die Beteiligten neben erbrechtlichen Regelungen unter IV. folgende weitere Vereinbarung getroffen:
"Sollte ihre Ehe auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst werden, so sind sich die Eheleute L.... und S.... darüber einig, dass der vorbezeichnete Grundbesitz bei der Berechnung der Zugewinnausgleichsansprüche so zu behandeln ist, als wäre dieser Grundbesitz während der Ehe angeschafft worden. Dies gilt auch für die an dem Grundbesitz eingetragenen Belastungen. Eine weitere Vereinbarung wollen die Eheleute nicht treffen. Sie wollen insbesondere an dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nichts ändern."
Mit dem "vorbezeichneten Grundstück" ist das Hausgrundstück G.-Str.10 in X. gemeint, das die Antragsgegnerin - wie in der Notarurkunde unter Ziff. II ausgeführt wird - "alleine auf dem Namen hat, obwohl die Aufwendungen für die Anschaffung des Bauplatzes und die Errichtung des Wohngebäudes gemeinsam erbracht wurden".
Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 241.882,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 8. Oktober 2014 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin ist dem Begehren entgegengetreten.
Sie hat die Einrede des § 1381 BGB erhoben. Überdies hat die Antragsgegnerin die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen der Unterschlagung des ihr gehörenden Pkw Ferrari 458 Italia erhoben, die sie mit 200.000,00 EUR bezifferte. Des Weiteren hat sie mit Ansprüchen wegen Einbruchsschäden (1.173,87 EUR) sowie wegen verauslagter Beiträge der privaten Krankenversicherung (von August 2012 bis April 2015) in Höhe von insgesamt 3.085,85 EUR die Aufrechnung erklärt.
Das Familiengericht, auf dessen Entscheidung zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstands erster Instanz sowie wegen der Gründe Bezug genommen wird, hat den Antrag mit Beschluss vom 09. Januar 2018 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsteller habe zwar in Höhe eines Teilbetrages von 162.939,50 EUR einen Zugewinnausgleichsanspruch schlüssig dargelegt. Diesem Ergebnis liege ein Zugewinn des Antragstellers von 32.908,10 EUR und der Antragsgegnerin in Höhe von 358.787,10 EUR zugrunde. Gemäß § 242 BGB oder § 1381 BGB sei der Anspruch jedoch erloschen, bzw. jedenfalls nicht durchsetzbar.
Im Hinblick auf den mit einem Betrag von 200.000,00 EUR ins Endvermögen der Antragsgegnerin gestellten Ferrari sei die Einrede in Höhe eines Betrages von 100.000,00 EUR begründet, denn insoweit sei ein Ausgleich grob unbillig und widerspräche dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise. Bei dem Antragsteller, der zunächst rechtmäßiger Besitzer gewesen sei, sei der Ferrari abhanden gekommen, wobei die Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte habe, wo sich der Wagen gegenwärtig befinde. Letztlich habe sich der Antragsteller einerseits den wirtschaftli...