Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgeschlossene Ausbildung des Berufsbetreuers
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Berufsbetreuer über eine abgeschlossene Ausbildung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG verfügt, die einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar ist, können die im Berufsbildungsgesetz und in der Handwerksordnung getroffenen Regelungen über die Berufsausbildung herangezogen werden.
2. Die abgeschlossene Berufsausbildung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG erfordert einen geordneten Ausbildungsgang, in dem eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden. Dieser Ausbildungsgang muss durch eine Abschlussprüfung vor einem von der zuständigen Stelle errichteten Prüfungsausschuss abgeschlossen werden.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 1836a; BVormVG § 1 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1; BBildG § 1 Abs. 2, 34, 36, 73 ff.; HandwO § 25 ff
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 22.06.1999; Aktenzeichen 1 T 148/99) |
AG Bad Dürkheim (Aktenzeichen XVII 52/97) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 915,68 DM festgesetzt.
Gründe
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG). Auch im übrigen ist das Rechtsmittel förmlich nicht zu beanstanden (§§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 und 4, 21 Abs. 2, 20 FGG). In der Sache bleibt die sofortige weitere Beschwerde ohne Erfolg.
2. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO). Mit Recht hat das Landgericht dem Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin gegen die Staatskasse einen Stundensatz von 35,– DM zugrundegelegt.
a. Gemäß §§ 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 1836 a BGB ist der Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers gegen die Staatskasse nach § 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG) zu bemessen. Der Mindeststundensatz beträgt dabei 35,– DM (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG). Bei Vorhandensein besonderer Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, erhöht sich dieser Stundensatz auf 45,– DM, wenn die Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben worden sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG). Der Stundensatz erhöht sich weiter auf 60,– DM, wenn der Betreuer seine Kenntnisse durch eine abgeschlossene Hochschulausbildung oder vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erlangt hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BVormVG).
b. Das Landgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat den Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin nach dem niedrigsten Stundensatz bemessen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
aa. Die Beschwerdeführerin hat unstreitig keine Lehre i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG abgeschlossen, die es rechtfertigen könnte, ihr einen Stundensatz von 45,– DM zuzubilligen. Soweit sie sich darauf beruft, sie habe von 1960 bis 1962 erfolgreich eine Handelsschule besucht, verfüge über umfangreiche praktische Fertigkeiten und Erfahrungen auf dem Gebiet der Buchhaltung und der Betriebswirtschaftslehre und habe an verschiedenen Weiterbildungsmaßnahmen, wie z.B. einer Betreuernachqualifizierung von mehr als 200 Stunden teilgenommen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG kann für die Bewilligung eines Stundensatzes von 45,– DM nur dann vom Erfordernis einer abgeschlossenen Lehre abgesehen werden, wenn der Betreuer über eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung verfügt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar ist der Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 1 BVormVG nicht unmittelbar zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen von einer Ausbildung ausgegangen werden kann, die mit einer abgeschlossenen Lehre vergleichbar ist. Auch die Gesetzesmaterialien geben darüber keine Auskunft. Aufschluss ergibt sich jedoch aus der Regelung in § 1 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBildG), die sowohl für die handwerkliche Lehrlingsausbildung i.S.v. §§ 25 ff. HandwO als auch für sonstige Formen der Berufsausbildung gilt. Demnach erfordert eine Berufsausbildung einen geordneten Ausbildungsgang, in dem eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden. Zur abgeschlossene Berufsausbildung wird diese Ausbildung durch das Absolvieren einer Abschlussprüfung (§ 34 BBildG), die vor einem von der jeweils zuständigen Stelle (vgl. §§ 73 ff. BBildG) errichteten Prüfungsausschuss (vgl. §§ 36 BBildG, 31 ff. HandwO) abgelegt werden muss. Diesen Erfordernissen genügt die berufliche Qualifikation der Beschwerdeführerin bereits nach deren eigenem Vorbringen nicht. Es ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, der berufliche Werdegang ...