Leitsatz (amtlich)
Zum Erfordernis eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Bedürftigkeit und Scheidung bzw. Wegfall eines anderen, Unterhaltstatbestandes beim Aufstockungsunterhalt.
Bei der Berechnung von Aufstockungsunterhalt in einer Doppelverdienerehe ist auch dann das Einkommen des Ehegattenunterhaltsberechtigten um geleisteten Kindesbarunterhalt zu bereinigen, wenn dieser Vorwegabzug des Kindesunterhalts den Ehegattenunterhaltsanspruch erst auslöst.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 2, §§ 1578, 1606 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Speyer (Aktenzeichen 42 F 467/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde werden der Beschluss des AG – FamG – Speyer vom 12.12.2001 geändert und der Beschluss des AG - FamG - Speyer vom 22.3.2002 aufgehoben:
Der Klägerin wird zur Durchführung der Klage gem. Schriftsatz vom 6.3.2002 Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie nachehelichen Ehegattenunterhalt i.H.v. monatlich 127,67 EUR begehrt.
Auf die Prozesskostenhilfe sind keine Raten zu zahlen.
Der Klägerin wird antragsgemäß Rechtsanwältin S.-W.,…, zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts zur Vertretung beigeordnet.
Gründe
Mit Beschluss vom 12.12.2001 hat das FamG den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. Schriftsatz vom 17.11.2001 zurückgewiesen. Mit weiterem Schriftsatz vom 6.3.2002 hat die Klägerin den Klageantrag erweitert und erneut um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Klageverfahrens gebeten. Das FamG hat daraufhin der Klägervertreterin mit Schreiben vom 12.3.2002 mitgeteilt, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bereits durch Beschluss vom 12.12.2001 zurückgewiesen worden sei. Daraufhin hat die Klägerin „gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe gem. Schreiben des Gerichts vom 12.3.2002” Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das FamG mit Beschluss vom 22.3.2002 nicht abgeholfen und darüber hinaus den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 6.3.2002 zurückgewiesen.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin ausdrücklich gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe, mithin bei verständiger Würdigung ihres Begehrens gegen den Beschluss des FamG vom 12.12.2001 (nicht etwa gegen die bloße Mitteilung des Verfahrenestandes gem. Schreiben des Erstgerichts vom 12.3.2002).
Die Beschwerde ist gem. §§ 127 Abs. 2 ZPO a.F., 26 Nr. 10 EGZPO statthaft und verfahrensrechtlich bedenkenfrei. Auch in der Sache führt sie zum Erfolg.
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 6.3.2002 den Klageantrag geringfügig erweitert und erneut um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht hat, ist das darin enthaltene Vorbringen durch den späteren Beschwerdevortrag vom 21.3.2002 prozessual überholt. Dies gilt angesichts des Erfolgs der Beschwerde entsprechend für den Beschluss des Erstgerichts vom 22.3.2002 hinsichtlich der Zurückweisung des weiteren Prozesskostenhilfe-Antrags der Klägerin vom 6.3.2002. Der Senat erachtet es als angezeigt, diese Entscheidung zur Klarstellung aufzuheben.
Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung auch nur zum Teil oder nur in Raten aufzubringen. Im Umfang des Beschwerdevorbringens bietet die Rechtsverfolgung auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Klage erscheint auch nicht etwa deshalb mutwillig, weil die Klägerin gehalten gewesen wäre, den geltend gemachten Aufstockungsunterhalt kostengünstiger im Scheidungsverbundverfahren geltend zu machen. Die Ehe der Parteien ist seit 20.4.2001 rechtskräftig geschieden. Nach Trennung der Parteien im Jahr 1994 wurde die Unterhaltsproblematik zunächst in der Weise gelöst, dass der Beklagte gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt erhob und die Klägerin ihrerseits ggü. dem Beklagten keinen Trennungsunterhalt geltend machte. Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass die Klägerin berechtigten Anlass zu der Erwartung hatte, nach Rechtskraft der Ehescheidung könne eine vergleichbare Regelung außergerichtlich herbeigeführt werden.
Nach dem Beschwerdevortrag errechnet sich der geltend gemachte Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB von 127,67 EUR wie folgt:
Renteneinkommen des Beklagten:
2.155,19 DM = 1.101,93 EUR
bereinigtes monatliches Nettoeinkommen der Klägerin: 2.217,13 DM = 1.133,60 EUR
Gesamteinkommen beider Parteien: 2.235,53 EUR
./. Bar-Kindesunterhalt für den ehegemeinschaftlichen Sohn: 287,00 EUR
bereinigtes Gesamteinkommen: 1.948,53 EUR
Unterhaltsbedarf 1/2 = 974,27 EUR
./. eigenes Einkommen der Klägerin: 1.133,60 EUR
./. Kindesunterhalt: 287,00 EUR 846,60 EUR 846,60 EUR
ungedeckter Bedarf: 127,67 EUR.
Die Feststellung der genauen Höhe des Einkommens der Klägerin nebst behauptetem Zusatzeinkommen sowie des geltend gemachten Sonderbedarfs des Beklagten bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dies gilt auch für die Entscheidung über eine eventuelle zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs.
Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage nicht entge...