Leitsatz (amtlich)
Ein Recht zur Teilnahme an der Einschulungsfeier seines Kindes steht dem umgangs-, aber nicht sorgeberechtigten Elternteil dann nicht zu, wenn im Falle eines Aufeinandertreffens beider Elternteile der Austausch von Feindseligkeiten mit schlimmstenfalls traumatischen Folgen für das Kind ernsthaft zu befürchten sind.
Normenkette
BGB § 1684; FamFG § 50
Tenor
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Aus der Ehe der beteiligten getrenntlebenden Ehegatten sind die Kinder L... und L... hervorgegangen, die derzeit fünf und sechs Jahre alt sind. Vorliegend möchte der Kindesvater seine Teilnahme an der morgigen Einschulungsfeier seiner Tochter L.... im Wege der einstweiligen Anordnung durchsetzen.
Aufgrund der nicht rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - Kaiserslautern vom 12. Juli 2021 (Az. 5 F 594/20 bzw. 2 UF 148/21) übt die Kindesmutter die elterliche Sorge alleine aus. Mit einem weiteren Beschluss vom 12. Juli 2021 (Az. 5 F 1060/20) hat das Familiengericht dem Kindesvater ein Umgangsrecht im Umfang von zwei Stunden wöchentlich unter Begleitung des Kinderschutzbundes Kaiserslautern zugesprochen. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde, die beim Senat unter dem Az. 2 UF 149/21 anhängig ist, erstrebt der Kindesvater ein weitergehendes Umgangsrecht.
Zur Begründung seines auf Teilnahme an der Einschulungsfeier gerichteten Eilantrages macht der Kindesvater geltend, die Kindesmutter habe ihm in den vergangenen 18 Monaten den Kontakt zu seinen Kindern verwehrt und ihm die Teilnahme an der Einschulungsveranstaltung unter Androhung eines Polizeieinsatzes verboten, obgleich kein Kontakt- oder Näherungsverbot bestehe und L... sich den Kontakt zu ihrem Vater wünsche. Es sei zu befürchten, dass L... denken könne, ihr Vater liebe sie nicht mehr, wenn er nicht an der Einschulungsfeier teilnehme.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat während der Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 FamFG zu entscheiden hat, ist zwar verfahrensrechtlich bedenkenfrei, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der Kindesvater kann seine Anwesenheit an der morgigen Einschulungsfeier seiner Tochter L.... nicht mit Erfolg durchsetzen. Zwar beinhaltet das in § 1684 Abs. 1 BGB geregelte Umgangsrecht regelmäßig auch die Teilnahme an besonderen Ereignissen wie einer Einschulungsfeier. Dies setzt aber voraus, dass die Eltern spannungsfrei gemeinsam an dieser Veranstaltung teilnehmen können. Demgegenüber ist eine Teilnahme mit dem Kindeswohl unvereinbar, wenn die Gefahr besteht, dass die familiäre Belastung in eine für das Kind wichtige Veranstaltung hineingetragen wird (vgl. Münchener Kommentar, 8. Auflage, § 1684 Rn. 39).
Gemessen daran erscheint es nicht kindeswohldienlich, dass neben der Kindesmutter auch der Kindesvater an der Einschulungsfeier teilnimmt. Das Verhältnis der Kindeseltern ist geprägt von einem außergewöhnlich tiefgreifenden Trennungskonflikt. Seit der Kindesvater den Vorwurf erhoben hat, die Kindesmutter habe ihre Kinder sexuell missbraucht (zu den Einzelheiten wird auf die Verfahren 4 F 77/20 bzw. 2 UF 58/20 verwiesen), ist zwischen den Kindeseltern keine vernünftige Kommunikation mehr möglich. Im Falle eines Aufeinandertreffens droht der Austausch von Feindseligkeiten.
Gerade weil das Ereignis der Einschulung für ein Kind regelmäßig mit hohen Erwartungen und einer besonderen Gefühlslage verbunden ist (einerseits Stolz und Vorfreude, andererseits Aufregung und Respekt), muss eine "Eskalation auf offener Bühne" mit schlimmstenfalls traumatischen Folgen für das Kind verhindert werden.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kindesvater nach eigenen Angaben in den vergangenen 18 Monaten keinen Kontakt zu seinen Kindern hatte und im Umgangsverfahren selbst einräumte, dass zunächst eine Anbahnung durch begleitete Umgangskontakte erfolgen müsse. Bei dieser Sachlage könnte ein Wiedersehen bei der Einschulungsfeier - ohne professionelle Begleitung und Unterstützung - zu einer Überforderung des Kindes führen.
Auch die Befürchtung des Kindesvaters, es könne für seine Tochter der Eindruck entstehen, dass er L... nicht liebe, steht dem nicht entgegen. Vielmehr können die Gründe des Fernbleibens des Kindesvaters - mit professioneller Unterstützung - im Rahmen der begleiteten Umgangskontakte kindgerecht vermittelt werden, ohne dass das Vater-Tochter-Verhältnis hierdurch Schaden nimmt.
2. Der Kindesvater hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, §§ 51 Abs. 4, 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
Es entspricht billigem Ermessen, dass der Kindesvater die Verfahrenskosten des im Ergebnis erfolglosen Eilverfahrens alleine trägt. Vor dem Hintergrund, dass eine Zustellung des Antrages an die Kindesmutter aus Zeitgründen (Antrag datiert vom Freitag, den 27. August 2021, die Einschulung ist am Dienstag, den 31. August 2021) nicht möglich ist, kommt eine Beteiligung der Kindesmutter an den Verfahrenskosten nicht i...