Leitsatz (amtlich)
Zur Rechtmäßigkeit der polizeilichen Anordnung, ein Mobiltelefon herauszugeben.
Verfahrensgang
AG Kaiserslautern (Entscheidung vom 16.02.2021) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Kaiserslautern vom 16.02.2021 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
- im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen Beleidigung zum Nachteil des Geschädigten PK V. und wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung verurteilt wurde und
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
- Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Beleidigung in zwei Fällen sowie wegen eines tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 10,-- EUR verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge sowie die Beanstandung der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision.
Das gem. § 335 Abs. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
I.
Das Amtsgericht hat zur Sache folgende Feststellungen getroffen:
"Am 07.03.2020 fand im Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern das Fußballspiel der dritten Fußballliga zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und dem SV Meppen statt. Obwohl der Angeklagte und dessen Bruder, der sich ebenfalls im Stadion befand, lediglich Eintrittskarten für den Bereich der West-Tribüne hatten, hielten sie sich unberechtigt im Bereich der Süd-Tribüne auf, worauf sie von Stadionordnern angesprochen wurden.
Daraufhin beleidigte der Angeklagte den Stadionordner M. als "Nazi", um diesen in seiner Ehre herabzusetzen.
Einem [dem] hinzugezogenen Polizeibeamten gegenüber, nämlich PK V., äußerte der Angeklagte: "Ich lecke deinen Kitzler", um diesen in seiner Ehre herabzusetzen.
Ferner trat der Angeklagte anschließend zweimal gegen das Bein des PHK S., der sich hierdurch jedoch nicht verletzte, obwohl der Angeklagte solches zumindest billigend in Kauf genommen hatte."
II.
1.
Die erhobene Aufklärungsrüge dringt aus den von der Generalstaatsanwaltschaft in der Antragsschrift vom 12.05.2021 dargelegten Gründen nicht durch.
Auch der daneben erhobenen Sachrüge bleibt ein Erfolg versagt, soweit sie den Schuldspruch und Strafausspruch bezüglich einer Beleidigung zum Nachteil des Zeugen M. betrifft; in diesem Umfang ist das Rechtsmittel daher unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.
2.
Im Übrigen ist das Rechtsmittel jedoch begründet.
a) Insoweit mangeln die Feststellungen, wonach der Angeklagte (zunächst) gegenüber dem Beamten V. geäußert habe "ich lecke deinen Kitzler" und "anschließend zweimal gegen das Bein des PHK S." getreten habe, bereits einer tragfähigen Beweisgrundlage. Seine diesbezüglichen Feststellungen hat das Amtsgericht ersichtlich auf die Angaben der Zeugen M., S. und V. gestützt. Während sich den Angaben der Zeugen M. und S., soweit in den schriftlichen Urteilsgründen dargelegt, zum zeitlichen Ablauf des Geschehens keine eindeutigen Aussagen entnehmen lassen, hat der Angeklagte nach den Angaben des Zeugen V. zunächst versucht, den Zeugen S. mittels eines "Scherentritts" am Bein zu treffen. Erst "als der Angeklagte auf dem Boden gewesen sei, habe er zurückgeschaut und ihn, den Zeugen V., beleidigt" (UA S. 5). Den darin liegenden Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen, nach denen die Beleidigung des Zeugen V. den Tritten vorangegangen war, hat das Amtsgericht nicht aufgelöst.
b) Zudem begegnet der Schuldspruch insoweit durchgreifenden rechtlichen Bedenken, als sich die Rechtmäßigkeit der von den geschädigten Polizeibeamten ausgeführten Diensthandlung anhand der schriftlichen Urteilsgründe - auch in deren Gesamtheit - nicht hinreichend überprüfen lässt (vgl. §§ 114 Abs. 3, 113 Abs. 3 StGB); das Urteil leidet daher an einem durchgreifenden Darstellungsmangel (vgl. BayObLG Beschluss vom 01.06.2021 - 202 StRR 54/21, juris Rn. 14).
(a) Dass sich die mittels Tritten ausgeübte Gegenwehr des Angeklagten nicht gegen die Durchsetzung eines (im Übrigen nicht festgestellten) Platzverweises richtete, sondern zumindest vorrangig darauf ausgerichtet war, Widerstand gegen die Sicherstellung des Mobiltelefons zu leisten, liegt aufgrund der Angaben des Zeugen S. hier nahe. Denn danach hat der Zeuge die Filmaufnahmen durch den Angeklagten unterbinden und deshalb die Herausgabe des Mobiltelefons gefordert, was jener verweigert habe. Dann sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf er durch Tritte am Schienbein getroffen worden sei. Auch der Zeuge V. hat ausgeführt, der Angeklagte habe sich geweigert, das Mobiltelefon herauszugeben, wonach es "in der Folge" zu einem Ge...