Leitsatz (amtlich)
Die von der Aufsichtsbehörde auf der Grundlage des § 9 Abs. 7 LStiftG-RP ausgestellte Vertretungsbescheinigung legitimiert die darin genannten Personen im Rechtsverkehr und erfüllt deshalb die Voraussetzungen des § 29 GBO.
Normenkette
GBO § 29; Stiftungsgesetz Rheinland-Pfalz § 9 Abs. 7
Verfahrensgang
AG Westerburg (Beschluss vom 04.11.2010) |
Tenor
Der Beschluss des Grundbuchamts vom 4.11.2010 wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen die beantragte Eintragung vorzunehmen.
Gründe
I. Mit Vertrag des Verfahrensbevollmächtigten Notars vom 27.8.2010 (UR. Nr ...) hat die Beteiligte zu 1), vertreten durch Dr. D. S, den im Rubrum genannten Grundbesitz an die Beteiligte zu 2) verkauft und sie bevollmächtigt, den Vertragsgegenstand ab sofort mit vollstreckbaren Grundpfandrechten nebst Jahreszinsen und Nebenleistungen in beliebiger Höhe zu belasten. Aufgrund dieser Vollmacht bestellte die Beteiligte zu 2) mit notarieller Urkunde vom 31.8.2010 (UR. Nr ...) für die Beteiligte zu 3) an den genannten Grundeigentum eine Grundschuld i.H.v. 100.000 EUR. Am 20.9.2010 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten die Eintragung des Grundpfandrechts nebst der dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung.
Mit Schreiben vom 30.9.2010 bescheinigte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier, dass die Beteiligte zu 1) gem. § 9 Abs. 2 der derzeit gültigen Stiftungssatzung durch jedes Mitglied des Vorstands alleine vertreten werden kann und der Vorstand auch am 27.8.2010 (Abschluss des notariellen Vertrages) durch Dr. D. S., F. H. und Dr. F. M. vertreten wurde.
Mit dem angegriffenen Beschluss hat der Rechtspfleger beim Grundbuchamt die beantragte Eintragung der Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Bescheinigung der ADD vom 30.9.2010 entfalte keine Publizitätswirkung. Damit werde keine rechtsgeschäftliche Bindung der Stiftung herbeigeführt. Mangels einer bestehenden Vermutung für die Richtigkeit der Vertretungsverhältnisse könne sich das Grundbuch nicht darauf verlassen, dass die in der Bescheinigung genannten Vertretungsverhältnisse tatsächlich zutreffend und keine anderen Vertretungsbeschränkungen vorhanden seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 71 Abs. 1, 72, 73, 81 GBO zulässig. Der Senat ist gem. § 4 Abs. 3 Nr. 2a GerOrgG Rheinland-Pfalz, § 23a Abs. 2 Nr. 8 GVG zur Entscheidung berufen.
In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Die Voraussetzungen für die beantragte Eintragung der Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung liegen vor. Insbesondere ist die ordnungsgemäße Vertretung der Beteiligten zu 1) bei Abschluss des notariellen Vertrages vom 27.8.2010 durch die Vorlage der Vertretungsbescheinigung der ADD Trier vom 30.9.2010 nachgewiesen.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Im Rahmen der beantragten Eintragung der Grundschuld hat das Grundbuchamt die Wirksamkeit der von der beteiligten Stiftung an die Beteiligte zu 2) erteilten Finanzierungsvollmacht zu prüfen. Eine der Wirksamkeitsvoraussetzungen ist, dass die beteiligte Stiftung im Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht wirksam vertreten war. Für diesen Vertretungsnachweis gilt - worauf der Rechtspfleger zu Recht hinweist - grundsätzlich das Formerfordernis des § 29 GBO, da die Stiftungen nicht in § 32 GBO erwähnt sind. Zu Recht hat der Rechtspfleger auch ausgeführt, dass die in einigen Bundesländern - so auch in Rheinland-Pfalz - geführten Stiftungsverzeichnisse keine Register im Rechtssinne sind und die Eintragungen keinen Vertrauensschutz genießen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 5 Abs. 4 LStiftG Rheinland-Pfalz, wonach Eintragungen im Stiftungsverzeichnis nicht die Vermutung ihrer Richtigkeit begründen.
Zur Kompensation des Fehlens eines Registers mit Publizitätswirkung stellt die Stiftungsbehörde in Rheinland-Pfalz gem. § 9 Abs. 7 LStiftG Rheinland-Pfalz auf Antrag eine Bescheinigung darüber aus, wer nach Maßgabe der Satzung und der von der Stiftung mitgeteilten Angaben zur Vertretung der Stiftung berechtigt ist. Diese Regelung trägt dem Grundrecht der Stiftung auf (rechtliche) Handlungsfreiheit Rechnung, da andernfalls die Stiftung nicht handlungsfähig wäre. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob man der Vertretungsbescheinigung die Wirkung einer Vollmachtsurkunde gem. § 172 BGB (MünchKomm/Reuter, BGB, 5. Aufl., § 80 Rz. 85) beilegt oder sie, wie etwa die bayrischen Stiftungsaufsichtsbehörden, als feststellenden Verwaltungsakt qualifiziert.
Die von der Aufsichtsbehörde auf der Grundlage des § 9 Abs. 7 LStiftG ausgestellte Vertretungsbescheinigung legitimiert die darin genannten Personen im Rechtsverkehr und erfüllt deshalb die Voraussetzungen des §§ 29 GBO (so auch DNotI 2002, 27).
Fundstellen
ZfIR 2011, 319 |
DNotZ 2011, 290 |