Leitsatz (amtlich)
Mit dem Antrag auf Verlängerung ergangener einstweiliger Maßnahmen im Rahmen des Gewaltschutzes wird ein neuer eigenständiger Anspruch geltend gemacht, der nicht von § 16 Nr. 5 (Nr. 6 a.F.) RVG erfasst wird und deshalb gesondert zu vergüten ist.
Normenkette
GewSchG § 1; FamFG § 49; RVG § 16 Nr. 5
Verfahrensgang
AG Zweibrücken (Beschluss vom 30.04.2012; Aktenzeichen 2 F 125/11) |
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei;
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der den Antragstellerinnen beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte begehrt die Festsetzung einer aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung.
Mit Beschluss des AG - Familiengericht - vom 27.7.2011 sind im einstweiligen Anordnungsverfahren mehrere Gewaltschutzanordnungen gegen den Antragsgegner ergangen, die zunächst bis zum 27.1.2012 befristet waren. Insoweit ist die von dem der Antragstellerin beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten geltend gemachte Vergütung nach Festsetzung gegen die Landeskasse erstattet worden. Auf den Verlängerungsantrag vom 16.1.2012 hat sodann das AG - Familiengericht - mit Beschlüssen vom 25.1.2012 die bewilligte Verfahrenskostenhilfe hierauf erstreckt und antragsgemäß die im Wege einstweiliger Anordnung erlassenen Maßnahmen bis zum 25.7.2012 verlängert.
Der diesbezügliche Vergütungsantrag ist von der Rechtspflegerin des AG - Familiengericht - mit der Begründung zurückgewiesen worden, es handle sich nicht um eine andere Angelegenheit, sondern um die Abänderung der ursprünglichen einstweiligen Anordnung, also um dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 16 Nr. 5 RVG.
Der als Beschwerde bezeichneten Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Familiengericht zur Entscheidung vorgelegt, das unter Aufhebung des Beschlusses der Rechtspflegerin dem Vergütungsantrag in vollem Umfang stattgegeben hat, weil die Verlängerung gegenüber dem Ausgangsverfahren einen eigenständigen Sachverhalt darstelle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Landeskasse, mit der daran festgehalten wird, dass es sich nicht um eine andere Angelegenheit, sondern lediglich um eine nach § 16 Nr. 5 RVG nicht zu vergütende Abänderung der ursprünglichen einstweiligen Anordnung handele.
II.1. Die Beschwerde der Landeskasse, über die nach Übertragung des Verfahrens wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG durch den Einzelrichter der Senat entscheidet, ist statthaft (§§ 56 Abs. 1 und Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG) und in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Soweit der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR nicht übersteigt, hat das Familiengericht das Rechtsmittel gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 2 ausdrücklich zugelassen.
2. In der Sache führt die Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg. Das Familiengericht hat mit Recht nach Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe auf den im einstweiligen Anordnungsverfahren gestellten Verlängerungsantrag dem insoweit gestellten (weiteren) Vergütungsantrag stattgegeben. Auch nach Ansicht des Senats handelt es sich bei dem Ausgangsverfahren und dem nachfolgend gestellten Antrag auf Verlängerung der Anordnungsdauer nicht um dieselbe Angelegenheit, weil die Voraussetzungen des § 16 Nr. 5 RVG nicht vorliegen und eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf einen Verlängerungsantrag nicht in Betracht kommt.
a) Allerdings wird diese Frage in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. Während ganz überwiegend im Anschluss an eine zu § 40 Abs. 2 BRAGO ergangene Entscheidung des OLG Hamburg (JurBüro 1991, 1084) vertreten wird, dass im Falle der Verlängerung einer einstweiligen Anordnung die Vorschrift des § 16 Nr. 5 RVG (Nr. 6 a.F.) nicht zur Anwendung kommt (vgl. AG Bad Kreuznach AGS 2009, 64 ff.; Norbert Schneider, AGS 2007, 492; AnwKomm/RVG Mock/Wahlen, 6. Aufl., § 16 Rz. 84; Bischof, RVG 4. Aufl., § 16 Rz. 17 a.E.), vertritt Müller-Rabe (in Gerold/Schmidt, RVG 19. Aufl., § 16 Rz. 80) die Ansicht, eine Verlängerung der Eilmaßnahme betreffe die Abänderung der ursprünglichen einstweiligen Anordnung, so dass nur eine Angelegenheit gegeben sei.
b) Der zuletzt genannten Auffassung vermag der Senat nicht beizutreten.
Das AG Bad Kreuznach (a.a.O.) weist zu Recht auf den Vergleich mit § 40 Abs. 2 BRAGO hin. Schon vor der Reform des Kostenrechts durch die Vorschriften des RVG war danach anerkannt, dass die Verlängerung einer zeitlich begrenzten einstweiligen Maßnahme ein neues Verfahren darstellt und deshalb gesondert zu vergüten ist (vgl. OLG Hamburg, a.a.O., m.w.N., so auch Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO 15. Aufl., § 10 Rz. 14). Entsprechend dem Wortlaut der früheren Vorschrift liegt nach § 16 Nr. 5 RVG dieselbe Angelegenheit nur in den Fällen einer Abänderung bzw. Aufhebung vor. Denn insoweit wurde nach dem Willen des Gesetzgebers die Regelung des § 40 Abs. 2 BRAGO lediglich übernommen, mit der Maßgabe, dass sie nunmehr auch in einstwei...