Leitsatz (amtlich)
Bei Vorliegen der Tatbestandsvorausetzungen von § 124 Nr. 2 ZPO ist weder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ohne weiteres umfassend aufzuheben, weil dieser Bestimmung Strafcharakter für schuldhaft falsche Angaben zukommt, noch darf eine Aufhebung immer nur insoweit erfolgen, wie ausgehend von den berichtigten Angaben von Anfang an keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre.
Es ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob angesichts absichtlich oder grob nachlässig gemachter falscher Angaben der Partei diese Angaben trotz Berichtigung insgesamt nicht mehr als ausreichend verlässlich angesehen oder aber die tatsächlichen Verhältnisse nunmehr ausreichend sicher festgestellt werden können. Der Partei obliegt es, insbesondere durch die Darlegung der Umstände, unter denen es zu den falschen Angaben kam, die Unsicherheit über die Richtigkeit ihrer Angaben auszuräumen.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124 Nrn. 1-3, § 127 Abs. 2 S. 2; RPflG § 11 Abs. 1, § 20 Nr. 4c
Verfahrensgang
LG Zweibrücken (Beschluss vom 26.06.2007; Aktenzeichen 2 O 26/05) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Dem Kläger wurde mit Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Zweibrücken vom 6.2.2007 Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmungen bewilligt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Rechtspfleger den Bewilligungsbeschluss aufgehoben.
II.1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Rechtspflegers ist gem. § 11 Abs. 1 RpflG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und in zulässiger Weise eingelegt worden.
2. Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
Nach § 124 Nr. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 nicht abgegeben hat.
Die auf die erste Alternative dieser Vorschrift gestützte Entscheidung des Rechtspflegers hat Bestand.
a) Der Rechtspfleger war auch während der Anhängigkeit der Sache bei der Zivilkammer für die Entscheidung über die Aufhebung der Prozesskostenhilfe zuständig.
(§ 20 Nr. 4c RpflG; vgl. etwa Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 124 Rz. 20).
b) In seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 24.9.2006 hat der Kläger lediglich Angaben zu einem Girokonto gemacht und ein Sparguthaben i.H.v. rund 4.120 EUR verschwiegen.
Der Kläger hat eine Ablichtung aus einem Sparbuch, das für die Zeit der Antragstellung ein entsprechendes Guthaben aufwies, mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.3.2007 beim LG vorgelegt. Auf die Frage eines Verwertungsverbotes wegen der behaupteten rechtswidrigen Kenntniserlangung des Beklagten von diesem Vermögen kommt es schon deshalb nicht an, weil der Kläger entsprechende Angaben selbst gemacht hat. Zudem ist der Beklagte nicht Beteiligter des PKH-Billigungsverfahrens für den Kläger (Zöller/Philippi, a.a.O., § 118 Rz. 1), so dass eine Rechtsverletzung durch ihn ein Verwertungsverbot für die Staatskasse für sich allein auch nicht begründen würde.
c) Der Kläger handelte zumindest grob fahrlässig, indem er Angaben zu seinem Sparguthaben unterließ.
Im amtlichen Formular für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist ausdrücklich aufgeführt, dass neben Bank- und Girokonten auch Sparkonten und dergleichen mit dem Guthaben anzugeben sind. Damit war für den Kläger ohne weiteres erkennbar, dass Angaben zu seinem Sparguthaben erforderlich waren.
Der mit der Beschwerde vorgetragene Sachverhalt, gegen den Kläger bestehende Forderungen hätten sein Guthaben überstiegen, so dass die wirtschaftliche Situation im Ergebnis nicht falsch dargestellt worden sei, räumt diesen Schuldvorwurf nicht aus. Zahlungsverpflichtungen sind - auch dies lässt sich dem amtlichen Formular ohne weiteres entnehmen - gesondert aufzuführen und glaubhaft zu machen. Damit ist ebenfalls ohne jede Anstrengungen zu erkennen, dass eine Saldierung von Schulden und Vermögenspositionen nicht vorzunehmen ist. Entsprechende Vorstellungen schließen deshalb den Vorwurf, zumindest grobfahrlässig gehandelt zu haben, nicht aus (ebenso OLG Brandenburg in FamRZ 2006, 213, insoweit nicht zutreffend wiedergegeben in Zöller/Philippi, a.a.O., § 124 Rz. 9). Es ist deshalb unerheblich, dass der Kläger entsprechende Forderungen auch nicht konkret dargelegt und glaubhaft gemacht hat.
d) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob bei Vorliegen der Tatbestands voraussetzungen von § 124 Nr. 1 oder 2 ZPO die Prozesskostenhilfe ohne Weiteres aufgehoben werden kann, weil den Bestimmungen Strafcharakter für schuldhaft falsche Angaben zukommt, oder ob eine Aufhebung nur insoweit erfolgen darf, wie bei zutreffenden Angaben von Anfang an keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre (vgl. dazu Zöller/Philippi, a.a.O., § 124 Rz. 5 m.w.N.). Nähere Begründungen zu den unterschiedlichen Auffassungen fehlen weitgehend.
Der Senat leitet aus Wortlaut un...