Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung eines Pachtvertrags wegen arglistiger Täuschung
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 22.10.2015; Aktenzeichen 2 HK O 23/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) vom 22.10.2015 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 391.708,33 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin ist Eigentümerin eines größeren Geländes in der Gemeinde N. (S.), auf welchem sich früher ein Betonwerk mit einer dazugehörenden Betriebsdeponie befand. Die Beklagte beabsichtigte, auf dem Gelände eine Photovoltaikanlage mit dazugehörenden Photovoltaikmodulen zu errichten. Da die Klägerin ursprünglich selbst auf dem Gelände eine solche Anlage errichten wollte, hatte sie bereits im Jahre 2013 die Firma B. I. für U. und G. GmbH (im Folgenden Fa. B. genannt) damit beauftragt, das Gefährdungspotential der früheren Betriebsdeponie zu beurteilen. Die Firma B. vertrat in ihrem schriftlichen Gutachten vom 28.5.2013 die Auffassung, dass das Deponiegelände im Hinblick auf sein Gefährdungspotential als sog. K I-Deponie ("geringes Gefährdungspotential - geringer Handlungsbedarf") einzuordnen sei; die daraus resultierenden Anforderungen an die Sanierung und Rekultivierung der Deponie müssten an die beabsichtigte Nutzung der Fläche als Standort einer Photovoltaikanlage angepasst werden. In einer schriftlichen Gefährdungseinschätzung vom 19.8.2013 vertrat die für die Genehmigung der geplanten Anlage zuständige Landesdirektion S. gegenüber der Klägerin die Auffassung, dass der Einschätzung der Fa. B. nicht gefolgt werden könne; die Deponiefläche könne zwar grundsätzlich für die Errichtung einer Photovoltaikanlage genutzt werden; das Gelände sei jedoch stärker belastet als von der Fa. B. angenommen; es falle unter die Gefährdungsklasse "K II (Tendenz K III)" der dreistufigen Gefährdungsskala. Dementsprechend seien die Maßnahmen für die erforderliche Sicherung/Rekultivierung (Oberflächenabdichtung) unter Berücksichtigung der geplanten Nachnutzung der Fläche zu planen; darüber hinaus sei in den ersten beiden Jahren eine halbjährliche Untersuchung des Grund-/Sickerwassers erforderlich. In einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom 21.10.2013 vertrat die von der Klägerin beauftragte XXX I. für B.- und G. mbH (im Folgenden Fa. XXX genannt) gegenüber der Klägerin die Auffassung, dass zwar offen sei, ob die Einschätzung der Landesdirektion S. zutreffend sei; aufgrund der vergleichsweise geringen Fläche der Deponie könnten die erforderlichen Abdichtungen möglicherweise "vergleichsweise kostengünstig" hergestellt werden und "ggf. die gleiche Größenordnung erreichen" wie die Abdichtung bei einer Einstufung in die Kategorie I. Die Fa. XXX riet deshalb wegen hoher Erkundungs- und Gutachterkosten davon ab, zu versuchen, die Auffassung der Landesdirektion zu widerlegen und schlug vor, mit der Behörde über Art und Umfang der Sicherungsmaßnahmen zu verhandeln.
Im Rahmen der im Jahr 2014 aufgenommenen Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien legte die Klägerin der Beklagten nur die Gefährdungsabschätzung der Fa. B. vom 28.5.2013 vor, nicht aber die Gefährdungseinschätzung der Landesdirektion S. und das XXX-Gutachten. Mit Vertrag vom 3./7.11.2014 verpachtete die Klägerin an die Beklagte das Gelände zum Betrieb einer dort zu errichtenden Photovoltaikanlage. In § 4 des Vertrages war die im angefochtenen Urteil näher dargestellte Rücktrittsberechtigung für die Beklagte vereinbart.
Bei einem Ortstermin mit der Landesdirektion S. am 2.12.2014 erfuhr die Beklagte von der Zeugin W., der zuständigen Sachbearbeiterin der Behörde, dass die Sanierung der Deponiefläche nicht mittels der im B.-Gutachten für ausreichend erachteten einfachen Abdeckung erfolgen könne, sondern dass das Deponiegelände wegen seiner höheren Gefährdungsklasse mit einem Mehraufwand von bis zu 500 000,00 EUR saniert werden müsse. Die Beklagte forderte daraufhin die Klägerin zur Herausgabe der Gefährdungseinschätzung der Landesdirektion auf. Dem kam die Klägerin nach, die auch das Gutachten der XXX vorlegte. Gestützt auf eine von ihr erstellte "Kostentreiber- und Wirtschaftlichkeitsgrundlagenveränderung"-Berechnung (ohne Datum) erklärte die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.1.2015 den Rücktritt vom Pachtvertrag wegen "diverser Rücktrittsgründe". Nach dem Widerspruch der Klägerin berief sich die Beklagte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 10.2.2015 darauf, dass sich herausgest...