Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Auskunftsanspruchs gegen den Aufbereiter von Saatgut
Leitsatz (amtlich)
1. Sowohl nach Europäischem als auch nach nationalem Recht setzt die Auskunftspflicht des Aufbereiters ggü. einer Vereinigung von Sortenrechtsinhabern nicht erst dann ein, wenn hinsichtlich eines jeden einzelnen Sortenschutzinhabers eine Nachbauhandlung vorliegt oder zu erwarten ist. Es genügt vielmehr, wenn dargelegt wird, dass der Erbringer vorbereitender Dienstleistungen überhaupt Aufbereitung geschützter Sorten betreibt.
2. Die Frage, wie die Richterbank besetzt war, gehört zu den Förmlichkeiten der Verhandlung, deren Beachtung durch das Protokoll bewiesen wird. Gegen dessen Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Urteil vom 27.01.2003; Aktenzeichen 3 O 478/02) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Kaiserslautern vom 27.1.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 100.000 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Auskunfts- und Unterlassungsansprüche aus Sortenschutzrecht.
Die Klägerin nimmt die Rechte von Sortenschutzinhabern und Nutzungsberechtigten von Sortenschutzrechten wahr. Diese sind entweder Gesellschafter der Klägerin oder Mitglieder des B.D. Pf. e.V., der seinerseits Mitglied der Klägerin ist. Die Beklagte bereitet für Landwirte Erntegut auf. In Prozessstandschaft für die in den einzelnen Klageanträgen jeweils angeführten Sortenschutzinhaber und Nutzungsberechtigten hat die Klägerin für eine Vielzahl von Getreidesorten, die zum Teil nach dem Recht der Europäischen Union, zum Teil nach nationalem deutschem Recht geschützt sind, über mehrere Wirtschaftsjahre hinweg Auskunft gefordert. Darüber hinaus hat sie die Beklagte auf Unterlassung der Aufbereitung von Saatgutmaterial in Anspruch genommen, soweit die Aufbereitung ohne entsprechende Auskunftserteilung erfolgt. Wegen eines Teils der geltend gemachten Ansprüche hat die Klägerin beantragt, die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Mit Urteil vom 27.1.2002 (Bl. 233 d.A.) auf das zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat die dritte Zivilkammer des LG Kaiserslautern der Klage überwiegend stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die sie jeweils innerhalb gesetzlicher Frist eingelegt und begründet hat.
Die Beklagte rügt eine Verletzung des § 309 ZPO und trägt dazu vor, an der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2002 habe nur der Kammervorsitzende teilgenommen. Soweit im Protokoll auch die Beisitzer aufgeführt seien, die das Urteil mit unterschrieben hätten, sei das Protokoll unzutreffend (Zeugen L., E.). In der Sache beanstandet sie, das LG habe zu Unrecht von der möglichen Verletzung von Schutzrechten einzelner Sortenschutzrechtsinhaber auf Auskunftsrechte aller Sortenschutzrechtsinhaber geschlossen. Eine solche Ausweitung könne durch die Bündelung von Einzelrechten in der Person der Klägerin nicht erreicht werden. Die vom LG bejahte allgemeine Auskunftspflicht verletze Datenschutzrechte. Soweit die Klägerin in erster Instanz bereits Auskünfte von Landwirten über aufbereitetes Saatgut vorgelegt habe, sei die Klage abweisungsreif. Das LG habe sich nicht hinreichend mit dem Einwand der Beklagten auseinander gesetzt, die Auskunft könne tatsächlich nicht erteilt werden. Es sei lebensfremd anzunehmen, eine Anfrage beim anliefernden Landwirt werde Erfolg bringen. Zudem bestehe nach Art. 9 Abs. 2, 2 b der EG-Verordnung Nr. 1768/95 dazu auch keine Verpflichtung. Das LG habe auch zu Unrecht davon abgesehen, die Sache auszusetzen und im Anschluss an den Beschluss des LG Düsseldorf vom 17.9.2002 - 4 a 371/01 dem EuGH vorzulegen. Zumindest sei im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des LG Düsseldorf eine Aussetzung in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO geboten.
Die Beklagte beantragt,
1. die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen,
2. hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LG Kaiserslautern zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 10.6.2003, wobei sie den Standpunkt vertritt, der Auskunftsanspruch sei ohne weitere Voraussetzungen allein vom Verlangen des Sortenschutzinhabers abhängig. Selbst wenn man aber im Anschluss an das ggü. einem Landwirt ergangene Urteil des EuGH vom 10.4.2003 den Auskunftsanspruch davon abhängig ma...