Entscheidungsstichwort (Thema)

"Verkürzte" Stufenklage. Erteilung einer Kontovollmacht unter Eheleuten und unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Stufenklage kann ohne gleichzeitige Geltendmachung des Leistungsanspruchs in der Form erhoben werden, dass nur auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung geklagt wird.

2. Zur Reichweite einer Kontovollmacht unter Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft.

 

Normenkette

BGB §§ 259, 662, 666, 812 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 11.09.2003; Aktenzeichen 3 O 336/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil der 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 11.9.2003 teilweise geändert:

1. Die Klage wird bezüglich des Klageantrags Nr. 1 (Rechenschaftslegung) abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die Schwester des am 26.4.2000 verstorbenen M.G. Sie nimmt die Beklagte, die Lebensgefährtin des Erblassers, als Testamentsvollstreckerin in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Erblasser erteilte der Beklagten am 12.9.1999 Kontovollmacht für sein Girokonto bei der ...-... bank ..., weil er wegen einer schweren Erkrankung seine Bankgeschäfte nicht mehr alleine führen konnte. Am 20.3.2000 wurde er in ein Krankenhaus nach B ... A... verbracht, wo er am 25.4.2000 verstarb. Die Beklagte hob während des Krankenhausaufenthaltes 5 100 DM von dem Girokonto ab. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Rechnungslegung über die Verwendung dieser Geldbeträge. Ferner hat sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 12 135,01 Euro nebst Zinsen zu bezahlen, weil die Beklagte weitere Geldbeträge von dem Konto abgehoben und Vermögensgegenstände aus dem Nachlass des Erblassers an sich gebracht habe.

Durch Teilurteil vom 11.9.2003 hat die 3. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) die Beklagte zur Rechnungslegung und zur Zahlung von 11 785,25 Euro nebst Zinsen verurteilt; im Übrigen hat sie die Klage abgewiesen. Auf das Teilurteil wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung bekämpft die Beklagte das Urteil, soweit das LG den Anträgen der Klägerin gefolgt ist. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Sie beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des LG, wobei sie ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft.

Auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung führt zum Erfolg, soweit das LG die Beklagte zur Rechnungslegung verurteilt hat; das weiter gehende Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Zutreffend ist die Kammer davon ausgegangen, dass die Klägerin bezüglich der in dem Klageantrag Nr. 1 genannten Kontoabhebungen eine Stufenklage nach § 254 ZPO erhoben hat, und hat folgerichtig über den Rechnungslegungsanspruch durch Teilurteil entschieden. Die restlichen Zahlungsanträge sind weitere, im Wege der objektiven Klagehäufung verbundene Anträge, die von dem Anspruch Nr. 1 unabhängig sind.

Zwar setzt die Stufenklage nach § 254 ZPO ihrem Wortlaut nach voraus, dass eine Klage auf Rechnungslegung bzw. Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mit dem Leistungsantrag verbunden wird. Es ist deshalb umstritten, ob eine Stufenklage auch in der Weise erhoben werden kann, dass - wie hier - nur die beiden ersten, den Leistungsanspruch vorbereitenden Stufen auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung, nicht aber der Leistungsanspruch selbst gestellt oder wenigstens angekündigt werden. Nach Auffassung des OLG Celle (OLG Celle v. 3.3.1995 - 15 UF 222/94, OLGReport Celle 1995, 118 = NJW-RR 1995, 1411) ist eine solche Klage keine Stufen-, sondern eine allgemeine Auskunftsklage, verbunden mit dem Antrag auf eidesstattliche Versicherung (Musielak/Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 254 Rz. 3). Nach anderer Meinung kann eine Stufenklage aber auch in der Form erhoben werden, dass nur auf Auskunft und eidesstattliche Versicherung geklagt wird (sog. "verkürzte Stufenklage", vgl. KG v. 12.7.1996 - 18 UF 2577/96, KGReport Berlin 1997, 143 = FamRZ 1997, 503; Lüke in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 254 Rz. 8; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 254 Rz. 3; BGH NJW 1975, 1409). Der Senat folgt der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass eine Stufenklage nicht auch die gleichzeitige Geltendmachung des Leistungsanspruchs erfordert.

2. Die Klägerin ist als Testamentsvollstreckerin prozessführungsbefugt (§ 2219 BGB). Der Erblasser hat sie durch notarielles Testament vom 21.8.1997 zur Testamentsvollstreckerin bestimmt und angeordnet, dass sie seinen Nachlass und dessen Erträge bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der jüngsten seiner beiden Töcht...

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