Entscheidungsstichwort (Thema)
Arzthaftung/Operation von Nasenpolypen
Leitsatz (amtlich)
Es begründet keinen Behandlungsfehler bei der Operation von Nasenpolypen (Pansinus-Operation), wenn trotz der gelegentlichen Einnahme von Aspirin und einer präoperativ festgestellten Blutungszeit des Patienten von 5 Minuten bei ansonsten sich im Normbereich befindlichen Laborparameter zur Blutgerinnung der Eingriff nicht verschoben wird.
Bei nicht gegebener Nachblutung zum Ende der Operation ist es auch nicht behandlungsfehlerhaft, auf die Einlage einer festen straffen Tamponade in die Nasenhaupthöhlen zu verzichten. Dies gilt auch dann, wenn der Patient während der Operation einen relativ hohen Blutverlust erlitten hatte und Infusionsflüssigkeit von 3.000 ml zugeführt wurde.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 15.08.2007; Aktenzeichen 4 O 190/05) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 15.8.2007 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt vorbehalten, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der am ... 1936 geborene Kläger verlangt von der Beklagten zu 1) als Krankenhausträgerin und dem Beklagten zu 2) als Operateur die Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. mindestens 25.000,00 EUR sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für Zukunftsschäden wegen einer am 14.3.2002 durchgeführten Nasenpolypenoperation, einer sog. Pansinus-Operation.
Der Kläger litt seit Jahren an einem ausgeprägten Polypenwachstum, wobei die Nasenhaupthöhlen mit Polypen vollständig verlegt waren, sowie an einer Nasenatmungsbehinderung mit Komplettausfall des Riechvermögens.
Nach seiner stationären Aufnahme am 13.3.2002 wurde der Kläger am 14.3.2002 endoskopisch beidseits vom Beklagten zu 2) an den Polypen operiert. Nach dem Ende der Operation wurde in beiden Nasenhaupthöhlen eine lockere, mit Nasivin getränkte Gaze eingelegt.
Nach erfolgter Extubation wurde der Kläger in den Aufwachraum verbracht, wobei unmittelbar danach ein Atemstillstand eintrat, der eine Reanimation sowie einen notfallmäßigen Luftröhrenschnitt erforderlich machte.
Anschließend befand sich der Kläger vom 14. März bis 17.4.2002 in der Intensivmedizinischen Abteilung der Beklagten zu 1) und wurde anschließend in die Fachklinik ... in ... verlegt, in der er sich bis zum 4.6.2002 befand. Danach wurde der Kläger bis zum 23.7.2002 in der Rehabilitationsklinik in ... stationär behandelt.
Infolge des aufgetretenen Atemstillstandes erlitt der Kläger gesundheitliche Dauerschäden, u.a. einen hypoxischen Hirnschaden, der eine eingeschränkte Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistung, Gedächtnisstörungen und Sprachschwierigkeiten zur Folge hat.
Ausweislich der Behandlungsunterlagen hatte der Kläger am 12.3.2002 eine Aspirin-Brausetablette eingenommen, wobei er nach dem schriftlichen Aufklärungsbogen zur geplanten Pansinus-Operation angegeben hatte, in der Vergangenheit "manchmal Aspirin C" eingenommen zu haben.
Der Kläger rügt insb. zwei Behandlungsfehler, nämlich dass die nicht notfallmäßig indizierte Operation trotz der mitgeteilten Einnahme von Aspirin nicht verschoben wurde und dass es nach der Operation unterlassen wurde, eine feste Nasentamponage bei ihm einzubringen.
Er beruft sich darauf, dass die Blutuntersuchung vor der Operation eine Blutungszeit von 5 Minuten ergeben habe, wobei der Referenzbereich 0 - 5 Minuten betrage. Darüber hinaus sei während der Operation ein Blutverlust von 1.300 ml aufgetreten und es seien zum Volumenausgleich insgesamt 3.000 ml Flüssigkeit per Infusion eingebracht worden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes im erstinstanzlichen Vorfahren wird ergänzend auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Verhandlungsprotokolle verwiesen.
Das Erstgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. med. H. vom Universitätsklinikum ... nebst dessen mündlicher Erläuterung die Klage abgewiesen.
Zur Begründung wird unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Beweisaufnahme ausgeführt, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen ein Behandlungsoder Organisationsfehler der Beklagten nicht nachzuweisen sei. Im Übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
Gegen das ihm am 22.8.2007 zugestellte Urteil des Erstgerichts vom 15.8.2007 hat der Kläger am 24.9.2007 fristgerecht Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist mit einem am selben Tag eingegangenen Schriftsatz vom 22.11.2007 begründet. Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein erstinstanzliches Klageziel weiter.
Der Kläger trägt vor, dass man ihn ohne Not bei der Operation kumulierten Risiken ausgesetz...