Leitsatz (amtlich)
Behauptet der Beklagte erstmals im Berufungsrechtszug, die Schlussrechnung des klagenden Architekten sei nicht prüffähig, weil ihr keine Kostenermittlungen beigefügt worden seien, so handelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel, das nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zugelassen werden kann.
Normenkette
ZPO § 531 Abs. 2; HOAI § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 24.04.2002; Aktenzeichen 5 O 370/01) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 24.4.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung restlichen Architektenhonorars wegen dreier für den Beklagten durchgeführter Baumaßnahmen in Anspruch, die er dem Beklagten mit Schlussrechnungen vom 26.5.2000 in Rechnung stellte und mit weiteren Schlussrechnungen vom 15.5.2001 (nach unten) korrigierte.
Das LG hat gegen den Beklagten zunächst ein Versäumnisurteil erlassen. Auf den Einspruch des Beklagten hat es ihn verurteilt, an den Kläger ein Honorar von 21 597,48 Euro nebst Zinsen zu bezahlen. Auf das Urteil wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Mit seiner Berufung bekämpft der Beklagte das Urteil in vollem Umfang. Er macht geltend, dass das LG dem Kläger mehr zugesprochen habe, als ihm nach seinem eigenen Vorbringen zustehe. Im Übrigen sei die Honorarforderung des Klägers nicht fällig; sie sei nicht nachprüfbar, weil den Rechnungen die Kostenermittlung nicht beigefügt gewesen sei.
Er beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern, das Versäumnisurteil der Kammer vom 23.1.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung führt nicht zum Erfolg. Nachdem der Kläger die Klage i.H.v. 238,71 Euro zurückgenommen hat, steht ihm der noch geltend gemachte Honoraranspruch aufgrund des mit dem Beklagten geschlossenen Architektenvertrages zu.
Der im Berufungsverfahren erstmals erfolgte Vortrag des Beklagten, die Schlussrechnungen des Klägers seien nicht prüffähig, weil ihnen die Kostenermittlungen, insb. die Kostenfeststellungen nicht beigefügt gewesen seien, beinhaltet ein neues Verteidigungsmittel i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO, das nicht zugelassen werden kann. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne dieser Vorschrift sind alle zur Verteidigung vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen, Einwendungen, Bestreiten, Einreden, nicht aber Angriff und Verteidigung selbst (herrschende Meinung: vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 531 Rz. 22; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., §§ 531 Rz. 14, 530 Rz. 11, 282 Rz. 2).
Der Beklagte meint, dass seine Ausführungen im Berufungsverfahren zur fehlenden Prüffähigkeit lediglich Rechtsausführungen zur Schlüssigkeit der Klage darstellten, die bereits das LG von Amts wegen hätte prüfen müssen.
Das trifft im Ergebnis nicht zu.
Zwar gehört die Prüfbarkeit der Architektenschlussrechnung als Voraussetzung für die Fälligkeit schon zur Schlüssigkeit des geltend gemachten Architektenhonoraranspruchs; sie ist deshalb von Amts wegen zu beachten. Zur Prüffähigkeit gehören als Mindestangaben grundsätzlich das Leistungsbild, die Honorarzone, der Gebührensatz, die anrechenbaren Kosten, die erbrachten Leistungen und die „von Hundertsätze” sowie die erbrachten Abschlagszahlungen (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rz. 969 m.w.N.). Die Prüfbarkeit der Honorarrechnung ist aber kein Selbstzweck. Das Erfordernis ihrer Prüffähigkeit soll den Auftraggeber in die Lage versetzen, die Rechnung zu prüfen und die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu beurteilen. Sein Informations- und Kontrollinteresse bestimmt und begrenzt die Anforderungen an die Prüfbarkeit (BGH BauR 1998, 1108; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rz. 971 b m.w.N.). Es kommt nicht darauf an, ob die Rechnung formal richtig ist, entscheidend ist ihre materielle Richtigkeit (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rz. 971 b). Die Schlussrechnungen des Klägers entsprechen dem System der HOAI. Sie enthalten die Leistungsbilder, die Honorarzone, den Gebührensatz, die erbrachten Leistungen, die „vom Hundertsätze” und die Abschlagszahlungen; ferner ist in ihnen ausgeführt, dass die Baukosten „gemäß Kostenfeststellung (DIN 276)” ermittelt worden seien. Damit musste der Beklagte konkret vortragen, weshalb und unter welchem Gesichtspunkt die Rechnungen gleichwohl ni...