Leitsatz (amtlich)
Der zu den Fällen des "Containerns" in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatz, dass die Wertlosigkeit einer Sache als solche Dritten nicht das Recht zur Wegnahme gewährt, gilt auch für das (leicht verderbliche) Transportgut eines verunfallten Lastkraftwagens.
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 07.12.2021) |
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der 4. (kleinen) Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 07.12.2021 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Speyer hat den Angeklagten mit Urteil vom 01.12.2020 wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht dieses Urteil aufgehoben und den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der auf die Beanstandung sachlichen Rechts gestützten Revision.
Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.
I.
1.
Nach den Feststellungen des Landgerichts - die zum äußeren Geschehensablauf weitgehend dem Anklagevorwurf entsprechen - verunglückte am 24.09.2019 gegen 11:30 Uhr ein mit 1.100 20 kg-Kartons Käse der Marke "K." beladener LKW auf der BAB 61. Infolge des Unfalls brach der Kühlcontainer des Fahrzeugs auf, wobei einige Käsekartons aus diesem heraus und auf die Fahrbahn fielen. Der bei dem Unfallgeschehen verletzte Fahrer des Sattelzuges wurde durch ein Rettungsfahrzeug in eine Klinik verbracht. Nach Abschluss der Sicherungsmaßnahmen durch die Polizei fuhr der Angeklagte, der als Polizeibeamter bei der Polizeiautobahnstation R. tätig war, zusammen mit einer Kollegin, der ehemals gesondert verfolgten Zeugin S., mit einem Polizeitransporter in die Nähe des verunfallten Sattelschleppers. Dort forderte er einen Mitarbeiter des mit der Bergung beauftragten Unternehmens auf, ihm mehrere der sich noch in dem Container befindlichen und unbeschädigten Kartons zu reichen. Der Mitarbeiter übergab dem Angeklagten mindestens sechs Kartons á 20 kg Käse, die einen Gesamtwert von 369 EUR hatten. Nachdem die Zeugin S. die Kartons zwischen den Sitzbänken des Polizeitransporters aufgeschichtet hatte, fuhr der Angeklagte diesen zu seiner Dienststelle. Während des gesamten Geschehens trug der Angeklagte seine mit Munition geladene Dienstwaffe mit sich. Zwei der Kartons stellte der Angeklagte seinen Kollegen in einem Sozialraum zum Verzehr zur Verfügung. Einen weiteren Karton überließ er der Zeugin S., der Verbleib der übrigen drei Kartons konnte nicht aufgeklärt werden. Die im und außerhalb des LKWs verbliebene Ware wurde am Folgetag begutachtet. Am 02.10.2019 verfügte die Eigentümerin der Ware die Vernichtung des beschädigten Warenanteils, während ein weiterer Teil noch veräußert werden konnte.
Dem Angeklagten war bei der Mitnahme des Käses bewusst, dass dieser noch im Eigentum eines anderen stand. Auch war ihm bekannt, dass üblicherweise das Transportgut verunfallter LKWs durch einen Havariekommissar geprüft wird, der sodann eine Empfehlung hinsichtlich dessen weiterer Verwendung abgibt. Dass beim Abtransport der Kartons eine Freigabe der Ware durch den Havariekommissar noch nicht erfolgt war, war dem Angeklagten ebenfalls bewusst. Nach den zum Vorstellungsbild des Angeklagten ferner getroffenen Feststellungen des Landgerichts war er jedoch der Überzeugung, die Rechtsgutinhaberin werde wegen der unfallbedingt unterbrochenen Kühlkette und der schnellen Verderblichkeit des Käses aufgrund des warmen Wetters kein Interesse mehr an der Ware haben und würde bei Befragen einer Ansichnahme sicher zustimmen.
2.
Das Landgericht hat auf Basis dieser Feststellungen die objektiven Merkmale des Diebstahlstatbestands als erfüllt angesehen. Der Angeklagte habe insoweit auch vorsätzlich gehandelt. Allerdings habe er sich über die Rechtswidrigkeit der Zueignung geirrt, weil er während des gesamten Geschehens nicht damit gerechnet und auch nicht billigend in Kauf genommen habe, entgegen dem Willen der Rechtsgutinhaberin zu handeln. Da er sein Verhalten aufgrund einer mutmaßlichen Einwilligung für straffrei gehalten habe, habe er einem Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 StGB analog unterlegen, der zum Vorsatzausschluss führe.
II.
Die Erwägungen, mit denen das Landgericht den subjektiven Tatbestand des Diebstahls ausgeschlossen hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ein zum Vorsatzausschluss führender Tatbestandsirrtum (§ 16 StGB) wird von den zum Vorstellungsbild des Angeklagten getroffenen Feststellungen nicht belegt.
1.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte durch die Mitnahme des Käses eine fremde bewegliche Sache weggenommen hat. Insbesondere hat es dabei zutreffend erkannt, dass die Eigentümerin der Ware ihre Rechte a...