Leitsatz (amtlich)
a) Hat der aus einem Arbeits- bzw. Dienstverhältnis Verpflichtete einen Bestand selbstständig zu verwalten und dessen Inhalt eigenverantwortlich abzurechnen, hat er an den zum Bestand gehörenden Sachen Alleingewahrsam. Gleiches gilt, wenn der Dienstherr keinen Zugang zu dem Bestand hat.
b) Wer ein verschlossenes Behältnis mit einem (echten) Schlüssel öffnet den er vom Berechtigten zum Zwecke der Verwendung erhalten und daher befugt in Besitz hat, kann zwar seine Befugnis missbrauchen, "überwindet" jedoch keine besondere Sicherung gegen Wegnahme im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB.
c) Die bloße Preisgabe, Beschädigung oder Zerstörung einer Sache unterfällt im Regelfall nicht dem Begriff der Zueignung i. S. v. § 246 StGB.
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 10.10.2017) |
Tenor
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil der 5. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. Oktober 2017 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht - Strafrichter - Bad Dürkheim hat die Angeklagte am 30. Mai 2016 wegen Diebstahls "im besonders schweren Fall" in Tateinheit mit veruntreuender Unterschlagung und unerlaubten sich Verschaffens von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 50,-- EUR verurteilt. Die Berufung der Angeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 10. Oktober 2017 mit der Maßgabe verworfen, dass die Angeklagte unter Einbeziehung "der Verurteilung durch das Amtsgericht Ludwigshafen vom 6. Juni 2017" zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 50,-- EUR verurteilt worden ist.
Die hiergegen gerichteten Revision der Angeklagten ist begründet und führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts trat die Angeklagte am Abend des 3. Juli 2015 ihre Nachtschicht als Altenpflegerin in einem Alten- und Pflegeheim in Bad Dürkheim an. Zu Dienstbeginn händigte ihr die Pflegefachkraft der Vorgängerschicht einen Schlüsselbund aus, an dem sich unter anderem der Schlüssel für einen im Stationszimmer befindlichen Tresor befand, in welchem unter das Betäubungsmittelgesetz fallende Medikamente aufbewahrt wurden. Wurde ein solches Medikament dem Tresor entnommen und aufgrund ärztlicher Verordnung einem Bewohner ausgehändigt, hatte die Pflegekraft dies am Ende ihrer Schicht unter Verwendung eines Namenskürzels in einer Liste zu dokumentieren; der Medikamentenbestand wurde in regelmäßigen Abständen kontrolliert und mit den Einträgen der Liste abgeglichen. Der Angeklagten war verboten, den Schlüssel dritten Personen, etwa den eingesetzten Pflegehelfern, auszuhändigen, da die Ausgabe von Medikamenten und/oder Betäubungsmitteln allein ihr als einzig für die Schicht zuständige examinierte Fachkraft oblag. Ein weiterer Schlüssel zu dem Tresor existierte nach den Feststellungen des Landgerichts nicht.
Im Verlaufe ihrer von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr des Folgetages andauernden Schicht öffnete die Angeklagte mit dem ihr übergebenen Schlüssel den Tresor und entnahm diesem einen Blister mit 10 Tabletten des Medikaments Oxycodon (Betäubungsmittel i.S.d. Anlage III zum BtMG), um dieses für sich zu behalten. Den betreffenden Schlüssel "nahm die Angeklagte an sich, um ihn für sich zu behalten" und auf diese Weise dafür zu sorgen, dass er nicht mehr an die Berechtigten zurückgelangte (UA S. 5). In den frühen Morgenstunden des 4. Juli 2015, "irgendwann nach 04:30 Uhr" äußerte die Angeklagte gegenüber den Pflegehelfern S. und W., sie habe den Schlüsselbund mit dem Tresorschlüssel verloren. Dieser blieb dauerhaft verschwunden, weshalb der Tresor am darauffolgenden Montag vom Hausmeister aufgeflext werden musste.
Das Landgericht hat hinsichtlich des Tablettenblisters die Voraussetzungen der §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht. Zwar habe die Angeklagte als examinierte Fachkraft der Nachtschicht den Schlüssel berechtigt in ihrem Besitz gehabt. Die Entnahme von Betäubungsmitteln für eigene Zwecke sei ihr jedoch nicht erlaubt gewesen. Die Strafkammer war ferner der Auffassung, dass die Angeklagte hinsichtlich des Schlüsselbundes die "Voraussetzungen einer Zueignung im Sinne des § 246 Abs. 1 StGB" erfüllt habe, weil sie diesen bewusst und gewollt sowie dauerhaft nicht mehr an den Eigentümer zurückgereicht habe.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
1.
Der Schuldspruch wegen eines Diebstahls an den Tabletten hat bereits deshalb keinen Bestand, weil das Landgericht die tatsächlichen Voraussetzungen einer Wegnahme i.S.d. § 242 StGB nicht hinreichend belegt hat.
a) In Arbeits- bzw. Dienstverhältnissen hat zwar der Arbeitnehmer bzw. Dienstverpflichtete in der Regel nur Mitgewahrsam an den ihm überlassenen Arbeitsmitteln oder Waren inne, da er diesbezüglichen arbeitsrechtlichen Weisungen unterliegt (Vogel in LK-St...