Entscheidungsstichwort (Thema)
Wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes. Zustimmung zur Auszahlung eines hinterlegten Betrages
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, wann eine Einbauküche als wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes i.S.v. § 94 Abs. 2 BGB, wann als Zubehör anzusehen ist.
Normenkette
BGB § 94 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Aktenzeichen 3 O 370/87) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 16. März 1988 geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, der Auszahlung des bei Rechtsanwalt Dr. W… in Kaiserslautern hinterlegten Betrages von 9.000,– DM nebst angefallenen Zinsen an die Kläger zuzustimmen.
2. Der Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer für den Beklagten wird auf 9.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Das Rechtsmittel der Kläger ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht bedenkenfrei und führt auch in der Sache zum Erfolg. Der Beklagte ist um den zu seinen Gunsten bei Rechtsanwalt Dr. W… in Kaiserslautern hinterlegten Betrag von 9.000,– DM nebst angefallenen Guthabenzinsen ungerechtfertigt bereichert (§ 812 BGB) und deswegen verpflichtet, der Auszahlung des Geldes an die Kläger zuzustimmen. Nach der zwischen den Parteien getroffenen und außer Streit stehenden Vereinbarung soll ihm der hinterlegte Betrag nur für den Fall zustehen, daß die Kläger nicht schon durch den Zuschlagsbeschluß vom 4. Mai 1987 im Zwangsversteigerungsverfahren 1 K 202/86 AG Kaiserslautern das Eigentum an der Einbauküche im Anwesen Am B… 20 erlangt haben sollten. Das war aber der Fall. Die Kläger sind gemäß den §§ 90, 55, 20 ZVG mit dem Zuschlagsbeschluß Eigentümer der Gegenstände, die in ihrer Gesamtheit die Einbauküche ausmachen, geworden, weil diese Küche als wesentlicher Bestandteil des ihnen zugeschlagenen Hausgrundstücks anzusehen ist.
Nach § 94 Abs. 2 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes die zu dessen Herstellung – von Anfang an oder im Rahmen von Umbauarbeiten auch erst nachträglich – eingefügten Sachen. Zur Herstellung eingefügt sind alle diejenigen Sachen oder Sachgesamtheiten, die mit den Gebäude irgendwie – nicht notwendig fest – verbunden worden sind und die diesem seinen besonderen Charakter, sein Gepräge, geben (BGHZ 53, 324 ff.). Dabei reicht es aus, daß die eingefügte Sache oder Sachgesamtheit nur einem einzelnen Raum eine bestimmte Eigenart gibt, wenn damit zugleich der Gesamtcharakter des Gebäudes mitbestimmt wird (BGH LM Nr. 2 zu § 93; MünchKomm/Holch § 94 Rdn. 17). Der besonderen Eigenart wird insbesondere dann Rechnung getragen, wenn die Sachen gerade mit Rücksicht auf dieses Gebäude hergestellt wurden (Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 94 Rdn. 18). Entscheidend ist, ob durch ihre Einfügung die Sache oder Sachgesamtheit nach der Verkehrsanschauung zu einem die Eigenart bestimmenden Teil des Hause selbst geworden ist.
In der neueren Rechtsprechung wird eine Einbauküche teils als wesentlicher Bestandteil eines Wohngebäudes angesehen (OLG Hamburg MDR 1978, 138 für Norddeutschland), teils als Zubehör (OLG Köln VersR 1980, 51 für das Rheinland), während der 15. und 9. Zivilsenat des OLG Karlsruhe eine Einbauküche weder als wesentlichen Bestandteil noch als Zubehör ansehen (15. Zivilsenat in NJW-RR 1986, 19 = ZMR 1987, 265 für Nordbaden und 9. Zivilsenat in NJW-RR 1988, 459 = Justiz 1988, 206 für Südbaden). Dabei ist allerdings zu beachten, daß die vorgenannten Entscheidungen serienmäßig gefertigte und in dem vorgesehenen Küchenraum aufgestellte Einbauküchen betreffen. Im übrigen ist hervorzuheben, daß Entscheidungen über einzelne Sachen oder Sachgesamtheiten – hier: Einbauküchen – keine Verallgemeinerung beanspruchen können, daß es vielmehr stets und allein auf die Umstände des Einzelfalles ankommt (Soergel/Mühl aaO § 94 Rdn. 20).
Die Zivilkammer hat in ihrer Entscheidung weitgehend die Argumentation des OLG Karlsruhe in dessen in NJW-RR 1986, 1-19 wiedergegebenen Urteil übernommen, in den es um eine serienmäßig hergestellte Einbauküche ging. Die Entscheidung der Vorinstanz trägt indes den Besonderheiten der hier in Rede stehenden Einbauküche nicht ausreichend Rechnung. Diese Küche ist vielmehr nach Auffassung des Senats im Sinne des § 94 Abs. 2 BGB in das Wohngebäude eingefügt worden und zu dessen wesentlichem Bestandteil geworden. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
Die Küche ist, wie unstreitig und aus den vorgelegten Fotos ersichtlich ist, hufeisenförmig und in offener Bauweise angelegt. Nachdem der Beklagte das Haus von den früheren Eigentümern, den Eheleuten D…, erworben hatte, hat er die Trennwand zwischen dem Küchenraum und der Diele zum überwiegenden Teil entfernt. Einen Teil der Trennwand hat er stehengelassen und diesen zur Küchenbar (Eßtheke) mit einer Granitplatte als Abschluß umgestaltet. Mit Ausnahme der Küchengeräte (Elektroherd, Mikrowellenherd, Kühlschrank, Spülmaschine, Spüle) wurden alle übrigen Teile der Küche, insbesondere der Hochschrank ...