Leitsatz (amtlich)
Wird ein gerichtlicher Sachverständiger aus unerlaubter Handlung in Anspruch genommen, weil er ein falsches Gutachten erstattet und dadurch einen Prozessausgang zu Lasten des Geschädigten verursacht haben soll, so ist der Schaden mit der ersten dem Geschädigten nachteiligen Gerichtsentscheidung entstanden. Somit beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, zu dem der Geschädigte von dieser Entscheidung und dem fehlerhaften Gutachten Kenntnis erlangt. Die Möglichkeit der Korrektur in einer weiteren Instanz ändert daran nichts.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 2, §§ 826, 852 Abs. 1 a.F.; StGB §§ 154, 163
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 5 O 298/01) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 16.1.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch wegen unrichtiger Erstattung eines Sachverständigengutachtens.
Der Kläger hatte vor dem LG Hannover (11 O 207/95) wegen eines Motorschadens Ersatzansprüche aus einer Reparaturkostenübernahmeversicherung gegen die G.-K.-R.-Versicherungs-AG geltend gemacht. In jenem Prozess hatte der Sachverständige H.H. ein Gutachten erstattet, auf dessen Grundlage die Klage abgewiesen wurde. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zum OLG Celle (8 U 191/97) blieb erfolglos.
Im hier vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger den Sachverständigen H.H. auf Schadensersatz in Anspruch genommen und dazu geltend gemacht, der Sachverständige habe sein Gutachten falsch erstellt. Dabei habe er äußerst leichtfertig gehandelt.
Gegen H.H. ist zunächst im schriftlichen Vorverfahren Versäumnisurteil ergangen, gegen das er rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.
Mit Urt. v. 16.1.2002, auf das zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat die fünfte Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er innerhalb gesetzlicher Frist eingelegt hat. Er hat das Rechtsmittel innerhalb mehrfach bewilligter Fristverlängerung begründet, die ihm jeweils auf rechtzeitigen Antrag gewährt worden ist.
H.H. ist am 25.2.2002 verstorben. Im Hinblick darauf ist der Rechtsstreit auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des verstorbenen Beklagten durch Beschluss des Senats vom 16.5.2002 ausgesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 9.12.2002 haben die Erben des früheren Beklagten den Rechtsstreit aufgenommen.
Der Kläger wendet sich gegen die Annahme des LG, ein Schadensersatzanspruch sei verjährt. Er ist der Ansicht, allein die Möglichkeit eines Schadenseintritts reiche nicht aus, um die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. Bis zum Erlass des Berufungsurteils des OLG Celle im Vorprozess habe lediglich die Gefährdung einer Rechtsposition aber noch kein Schaden vorgelegen. In der Sache seien die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten aus § 826 BGB gegeben.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 6.003,30 Euro nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 5.12.2002 und tragen noch vor, es stehe überhaupt nicht fest, dass der frühere Beklagte ein falsches Gutachten erstattet habe. In jedem Falle fehle es aber an den Voraussetzungen des § 826 BGB. Zudem erscheine die Kausalität zwischen einer fehlerhaften Gutachtenserstellung und dem geltend gemachten Schaden fraglich, weil die Abweisung der Klage und die Zurückweisung der Berufung im Vorprozess auch auf andere Gründe gestützt gewesen seien.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, §§ 511, 511a Abs. 1, 518, 519 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO n.F. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass Ansprüche des Klägers gegen den Rechtsvorgänger der Beklagten verjährt sind.
Vertragliche Ansprüche des Klägers gegen den Rechtsvorgänger der Beklagten kommen nicht in Betracht. Ein Schadensersatzanspruch wäre allenfalls aus Delikt denkbar und zwar – da der Rechtsvorgänger der Beklagten sein Gutachten unter Eid erstattet hatte (vgl. Bl. 32 d.A.) – aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 154 bzw. 163 StGB oder aus § 826 BGB (vgl. dazu etwa BGHZ 62, 54 [56 ff.] = MDR 1974, 300; BGH MDR 1957, 29 [30]; OLG Hamm v. 17.7.1997 – 13 W 1/96, NJW-RR 1998, 1686; OLG Düsseldorf v. 6.8.1986 – 4 U 41/86, NJW 1986, 2891; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rz. 117 und § 826 Rz. 26; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 402 Rz. 10, jew. m.w.N.). Die Verjäh...