Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz wegen fehlerhafter Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Gibt ein Bieter lediglich ein Nebenangebot ab, so ist es auf seine Gleichwertigkeit zu prüfen. Maßgebend dafür ist, ob das Nebenangebot den vertraglich vorausgesetzten Zweck unter allen technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfüllt und für den Ausschreibenden geeignet ist. Die Gleichwertigkeit des Nebenangebots muss sich dabei sowohl auf den Preis als auch auf die Qualität des Hauptangebots beziehen.
2. Ein auf Aufforderung des Ausschreibenden erst nach dem Eröffnungstermin vorgenommener Nachweis der Gleichwertigkeit ist zulässig, weil es sich dabei nicht um eine inhaltliche Änderung des Angebots handelt.
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 15.11.2002; Aktenzeichen 6 O 46/00) |
Tenor
I. Die Berufung des Streithelfers der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) vom 15.11.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin beteiligte sich als Bieterin in einem von der Beklagten durchgeführten Ausschreibungsverfahren für den Einbau neuer Lichttechnik im Saalbau in N. Abweichend von den Ausschreibungsunterlagen, die Lichtpulte der Firma T., die sich ebenfalls an der Ausschreibung beteiligte, vorsahen, bot die Klägerin andere Lichtpulte an. Den Zuschlag erhielt die Firma T.
Die Klägerin hat der Beklagten vorgeworfen, sie hätte die Arbeiten nicht an die Firma T. vergeben dürfen, weil das Angebot der Klägerin günstiger gewesen sei. Die Beklagte und ihr Streithelfer haben sich darauf berufen, dass die Beklagte nicht passivlegitimiert und das Angebot der Klägerin ggü. dem Angebot der Firma T. nicht gleichwertig gewesen sei.
Der Einzelrichter der 6. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 41.666,18 Euro nebst Zinsen zu bezahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Mit seiner Berufung bekämpft der Streithelfer der Beklagten das Urteil in vollem Umfang. Hierzu wiederholt er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.
Er beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Einzelrichters, wobei sie sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen stützt.
Auf das angefochtene Urteil, die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung der Sachdarstellung Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung führt nicht zum Erfolg. Zutreffend hat das LG festgestellt, dass die Klägerin gegen die Beklagte wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo) einen Anspruch auf Schadensersatz hat, weil die Beklagte das Ausschreibungsverfahren zur Vergabe von Lichttechnikarbeiten im Saalbau in N. fehlerhaft durchgeführt hat.
1. Die Beklagte ist entgegen der Meinung der Berufung passiv legitimiert, weil sie in der öffentlichen Ausschreibung vom 10./19.3.1999 eigenen Namens als ausschreibende Stelle aufgetreten ist und ihren Unterlagen nicht mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen war, dass die Beklagte lediglich als Vertreterin der "T., K.- und S. GmbH" (im Folgenden GmbH genannt) handeln wollte. Der Wille der Beklagten, die Ausschreibung nur als Vertreterin der GmbH durchzuführen, ist deshalb nach § 164 Abs. 2 BGB unbeachtlich. Der Senat nimmt insoweit ergänzend Bezug auf die Ausführungen des LG.
Aber selbst wenn man die Beklagte als Vertreterin der GmbH ansehen wollte, änderte das an ihrer persönlichen Haftung nichts. Zwar treffen die Verpflichtungen aus dem durch eine öffentliche Ausschreibung geschaffenen Vertrauensverhältnis grundsätzlich nur die Parteien des anzubahnenden Vertrages. Ihr Vertreter haftet aber ausnahmsweise dann, wenn er ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat oder er ein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen wesentlich beeinflusst hat (BGH BauR 2002, 1396; Z 56, 81; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rz. 1893, m.w.N.). Ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Vertreters liegt vor, wenn er eine so enge Beziehung zum Vertragsgegenstand hat, dass er wirtschaftlich gleichsam in eigener Sache zu handeln scheint. Hierzu genügt bereits, dass er ggü. der anderen Partei in einer Weise aufgetreten ist, die seine Gleichstellung mit dem künftigen Vertragspartner rechtfertigt (BGH BauR 2002, 1396; Z 56, 81). Der Saalbau, in dem die ausgeschriebenen Arbeiten durchgeführt werden sollten, steht im Eigentum der Beklagten. Die "T., K.- und S. GmbH" ist ihre Tochter. Die Beklagte hat (deshalb) selbst die eingehenden Angebote unter Zuhilfenahme ihres Streithelfers geprü...