Entscheidungsstichwort (Thema)
Bigamie bei Mehrehe nach pakistanischem Recht
Leitsatz (amtlich)
Die in Pakistan ohne Erlaubnis des Schiedsgerichts geschlossene Ehe eines bereits verheirateten pakistanischen Muslims mit einer Deutschen ist wirksam, unterliegt aber nach deutschem Recht der Aufhebung wegen Bigamie.
Zur Bedeutung der Ablehnung einer Legalisation der Heiraturkunde durch die Botschaft.
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Urteil vom 19.12.2002; Aktenzeichen 5c F 32/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG – FamG – Ludwigshafen am Rhein vom 19.12.2002 geändert:
Die am 28.1.1996 in Sialkot Plora Khurt (Pakistan) geschlossene Ehe der Parteien wird aufgehoben.
II. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
Die Antragstellerin, deutsche Staatsangehörige, erstrebt die Aufhebung ihrer 1996 mit dem Antragsgegner in Sialkot Plora (Pakistan) geschlossenen Ehe. Der Antragsgegner ist pakistanischer Staatsangehöriger und Moslem. Er war zum Zeitpunkt der von den Parteien behaupteten Eheschließung bereits mit einer Pakistanin namens Z.B. verheiratet. Diese Ehe wurde 1998 geschieden.
Aus dem Verhältnis der Parteien sind zwei Kinder hervorgegangen:
– der am 6.12.1996 geborene Sohn M. und
– die am 2.5.2001 geborene Tochter S.
Wegen einer Umgangsregelung mit S. hat der Antragsgegner erstinstanzlich einen Antrag im Verbundverfahren gestellt.
Eine von den Parteien begehrte Legalisation ihrer Heiratsurkunde hat die Deutsche Botschaft in Islamabad abgelehnt. Die hiergegen erhobene Klage beim Verwaltungsgericht Köln – Az. 19 K 5095/97 – ist ohne Erfolg geblieben.
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die mit dem Antragsgegner in Pakistan geschlossene Ehe sei aufzuheben, da dieser im Zeitpunkt der Eheschließung mit einer dritten Person verheiratet gewesen sei.
Demgegenüber hat sich der Antragsgegner darauf berufen, die Antragstellerin sei nach wie vor seine Ehefrau.
Das AG – FamG – hat den Eheaufhebungsantrag abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Antragstellerin habe nicht nachgewiesen, dass sie mit dem Antragsgegner am 22.1.1996 eine aufhebbare Ehe i.S.d. § 1314 BGB geschlossen habe. Es sei deshalb von einer nicht aufhebbaren Nichtehe auszugehen.
Hiergegen macht die Antragstellerin im Wege der Berufung geltend, die tatsächliche und rechtliche Würdigung des FamG sei widersprüchlich. Bereits nach dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sei eine Eheschließung als unstr. festgestellt. Die Eheschließungszeremonie sei auch durch die vorgelegten Urkunden nachgewiesen.
Die Antragstellerin beantragt, unter Abänderung des am 19.12.2002 verkündeten Urteils des AG Ludwigshafen am Rhein, Az. 5c F 32/02, die am 22.1.1996 in Sialkot Plora (Pakistan) geschlossene Ehe der Parteien aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt, zu entscheiden wie rechtens.
Zu den Berufungsangriffen führt er ergänzend aus: Die Eheschließung mit der Antragstellerin sei für ihn (als Moslem) nach pakistanischem Recht zulässig gewesen, da er zwei Frauen haben dürfe und das Verbot der Doppelehe für ihn nicht gelte.
Der Senat hat die gem. § 1316 Abs. 1 BGB i.V.m. § 631 Abs. 4 ZPO vorgeschriebene Beteiligung der zuständigen Verwaltungsbehörde nachgeholt, die Akten 1 F 329/98 (AG Neustadt a. d. Weinstr.) und 11 K 5095/97 (VG Köln) beigezogen sowie in der mündlichen Verhandlung den Antragsgegner zum Zeitpunkt und den Umständen seiner Eheschließung mit Z.B. angehört. Zum Ergebnis der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.11.2003 verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei und führt in der Sache zum Erfolg. Aufgrund der ergänzenden Feststellungen im Berufungsverfahren steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Parteien am 28.1.1996 in Sialkot Plora (Pakistan) eine Ehe geschlossen haben, die wegen Verstoßes gegen § 1306 BGB – Verbot der Doppelehe – aufzuheben ist, weil der Antragsgegner zum damaligen Zeitpunkt mit der pakistanischen Staatsangehörigen Z.B. verheiratet war.
1. Die als Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus § 606a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO. Die Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige. Darüber hinaus ist nach Lage der Dinge davon auszugehen, dass beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Sie leben in der Bundesrepublik Deutschland. Der Antragsgegner war für eine Firma in Neustadt a. d. Weinstr. beruflich tätig. Auch wenn das Arbeitsverhältnis nunmehr gekündigt ist, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung nicht dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hätte.
2. Die Klage erweist sich auch nicht gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO wegen anderweitiger Rechtshängigkeit als unzulässig. Zwar hat die Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) bereit...