Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang der Unterhaltspflicht auf den Erben
Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Unterhaltspflicht auf den Erben übergegangen, so ist im Fall einer wesentlichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Umstände für beide Parteien die Abänderungsklage eröffnet. Sie kann von einem Miterben allein erhoben werden
2. Da der Unterhaltsanspruch in dem Umfang auf die Erben übergeht, wie er beim Tod des Unterhaltsschuldners diesem gegenüber bestanden hat, ist zu dessen Gunsten der Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen.
3. Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung kann erstmals noch in der Berufungsinstanz geltend gemacht werden.
Normenkette
EheG § 58 Abs. 1, § 70 Abs. 1; 1. EheRG Art. 12 Nr. 3 Abs. 2; BGB §§ 313, 1578 Abs. 1, § 2058; ZPO §§ 323, 780
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Urteil vom 24.02.2006; Aktenzeichen 5d 234/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Ludwigshafen am Rhein vom 24.2.2006 geändert:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage der Beklagten wird der gerichtlich protokollierte Vergleich vom 12.3.1969 (Az. 7 R 300/68 LG Frankenthal (Pfalz)) abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:
I. Zeitraum Mai 2003 bis einschließlich Dezember 2004 monatlich 110 EUR;
II. Zeitraum ab Januar 2005 monatlich 134 EUR.
3. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
4. Der Beklagten wird als Erbin die Beschränkung ihrer Haftung auf den Nachlass des A. R. vorbehalten.
Dieser Vorbehalt betrifft nicht die Kostenentscheidung.
I. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben.
Von den Kosten des Berufungsverfahren hat die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, Jahrgang 1939, ist die geschiedene Ehefrau des Vaters der Beklagten, A. R., der am ... verstorben ist.
Die Beklagte entstammt der zweiten Ehe ihres Vaters. Sie beerbte ihren Vater im Wege der gesetzlichen Erbfolge zu einem Drittel; weitere Miterben zu ebenfalls je einem Drittel sind die beiden Kinder P. R., geboren am ..., und U. R., geboren am ..., die der ersten Ehe des Vaters mit der Klägerin entstammen.
Die am ... geschlossene Ehe der Klägerin mit dem Vater der Beklagten wurde mit Urteil des LG Frankenthal (Pfalz) vom 12.3.1969 (Az. 7 R 300/68) geschieden. Im Tenor des Urteils wurde festgestellt, dass der Beklagte an der Scheidung schuld ist.
Anlässlich der Scheidung schlossen die Eheleute am 12.3.1969 einen gerichtlich protokollierten Vergleich, der in Ziff. 3. und Ziff. 5. wie folgt lautet:
"Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin ab Rechtskraft des Scheidungsurteils eine monatlich vorauszahlbare Unterhaltsrente i.H.v. 300 DM zu bezahlen.
Dieser Betrag wird auch dann bezahlt, wenn die Klägerin eigenes Einkommen hat. Sollte dieses Einkommen den Betrag von monatlich netto 600 DM übersteigen, ist der Beklagte berechtigt, seine Unterhaltszahlung um den Betrag zu kürzen, der den Betrag von netto 600 DM übersteigt.
Die Klägerin verpflichtet sich, auf Wunsch dem Beklagten Auskünfte über ihre Bezüge zu erteilen.
Der Beklagte verzichtet auf die Rechte aus § 323 ZPO, falls er sich wieder verheiraten und aus der neuen Ehe ein Kind hervorgehen sollte.
Ungeachtet dessen bleibt jedem Ehegatten das Recht gem. § 323 ZPO bestehen, wenn sich die Einkommensverhältnisse wesentlich ändern sollten."
Der Vater der Beklagten zahlte die Unterhaltsrente i.H.v. monatlich 300 DM oder 153,39 EUR bis zu seinem Tod an die Klägerin.
Mit Schreiben vom 30.3.2004 begehrte die Klägerin von der Beklagten Zahlung von Unterhalt.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug Abänderung des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 12.3.1969 (Az. 7 R 300/68 LG Frankenthal (Pfalz)) dahin begehrt, dass die Beklagte ab dem Monat Februar 2005 nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 265,83 EUR an sie zu zahlen hat. Außerdem hat sie für die Monate Dezember 2004 und Januar 2005 Zahlung rückständigen Unterhalts i.H.v. insgesamt 531,67 EUR verlangt.
Die Beklagte ist dem Klagebegehren entgegengetreten und hat im Wege der Widerklage Abänderung des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 12.3.1969 dahin begehrt, dass sie keinen Unterhalt schuldet und die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wird.
Das AG - FamG - Ludwigshafen am Rhein hat die Beklagte mit Urteil vom 24.2.2006 verurteilt, ab dem Monat Dezember 2004 Unterhalt i.H.v. monatlich 419 EUR zu zahlen.
Die Widerklage der Beklagten hat das FamG abgewiesen.
Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 169 bis 173 d.A.).
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, mit der diese beantragt,
das erstinstanzliche Urteil zu ändern, die Klage abzuweisen und auf ihre Widerklage den gerichtlich protokollierten Vergleich vom 12.3.1969 (Az. 7 R 300/68 LG Frankenthal (Pfalz)) dahin...