Leitsatz
Die Parteien stritten sich um den an die geschiedene Ehefrau des verstorbenen Vaters der Beklagten zu zahlenden nachehelichen Unterhalt.
Die Beklagte entstammte der zweiten Ehe ihres Vaters. Sie beerbte ihn im Wege der gesetzlichen Erbfolge zu 1/3; weitere Miterben zu ebenfalls je 1/3 waren die beiden Kinder aus der ersten Ehe des Vaters der Beklagten mit der Klägerin.
Die Ehe der Klägerin mit dem Vater der Beklagten wurde mit Urteil vom 12.3.1969 geschieden. Im Tenor des Urteils wurde festgestellt, dass der Beklagte die Schuld an der Scheidung trug. Anlässlich der Ehescheidung schlossen die Eheleute einen gerichtlich protokollierten Vergleich, in dem der Beklagte sich u.a. verpflichtete, an die Klägerin ab Rechtskraft des Ehescheidungsurteils eine monatlich vorauszahlbare Unterhaltsrente i.H.v. 300,00 DM zu zahlen. Ferner wurde in diesem Vergleich vereinbart, dass dieser Betrag auch dann gezahlt werden sollte, wenn die Klägerin eigenes Einkommen erzielen würde. Für den Fall eigenen Einkommens von über 600,00 DM netto monatlich sollte der Beklagte berechtigt sein, seine Unterhaltszahlungen um den Betrag zu kürzen, der den Betrag von netto 600,00 DM überstieg.
Die Klägerin nahm die Beklagte im Rahmen einer Abänderungsklage in Anspruch und begehrte Abänderung des gerichtlich protokollierten Vergleichs vom 12.3.1969 mit der Maßgabe, dass die Beklagte ab Februar 2005 nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 265,83 EUR an sie zahlen sollte. Außerdem verlangte sie Unterhaltsrückstand für die Monate Dezember 2004 und Januar 2005.
Die Beklagte ist dem Klagebegehren entgegengetreten und hat im Wege der Widerklage Abänderung des gerichtlich protokollierten Vergleichs dahingehend begehrt, dass sie keinen Unterhalt schulde und die Zwangsvollstreckung aus dem Titel für unzulässig erklärt werde.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Beklagte verurteilt, beginnend mit dem Monat Dezember 2004 Unterhalt i.H.v. monatlich 419,00 EUR an die Klägerin zu zahlen. Die Widerklage wurde abgewiesen.
Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Ihr Rechtsmittel hatte überwiegend Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG hatte die Beklagte zu Recht gerügt, dass das erstinstanzliche Gericht die von der Klägerin erhobene Abänderungsklage i.S.v. § 323 ZPO in eine Erstklage umgedeutet hatte.
Durch den Erbfall ändere sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Rechtsnatur der auf den Erben nach § 1586b Abs. 1 S. 1 BGB - oder dem gleichlautenden § 70 Abs. 1 EheG - übergegangenen Unterhaltspflicht nicht (s. BGH v. 4.8.2004 - XII ZB 38/04, BGHReport 2004, 1555 m. Anm. Maier = MDR 2005, 95 = NJW 2004, 2896 = BGH FamRZ 2004, 1546).
Diesem materiell-rechtlichen Grundsatz entspreche es, dass ein gegen den Erblasser bestehender Unterhaltstitel nach § 727 ZPO auf den Erben umgeschrieben werden könne. Weitere prozessuale Folge sei, dass im Fall einer wesentlichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände sowohl der Unterhaltsgläubiger als auch der für den nachehelichen Unterhalt haftende Erbe auf die Abänderungsklage des § 323 ZPO zu verweisen sei. Dies gelte auch, wenn es sich bei dem abzuändernden Titel - wie im vorliegenden Fall - um einen gerichtlich protokollierten Unterhaltsvergleich handele, der die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung nur ausgestalte und konkretisiere.
Im Hinblick darauf, dass die Ehe der Klägerin vor dem 1.7.1977 und damit vor Inkrafttreten des ersten EheRG geschieden worden war, habe der Klägerin ein Unterhaltsanspruch gem. § 58 Abs. 1 EheG zugestanden. Dieser gesetzliche Unterhaltsanspruch sei gem. § 70 Abs. 1 EheG auf die Kinder des Erblassers als dessen gesetzliche Erben als Nachlassverbindlichkeit übergegangen.
Die Klägerin sei rechtlich nicht gehindert, allein die Beklagte prozessual in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte als Miterbin zu 1/3 sei ihrerseits prozessual berechtigt, bezüglich dieser Nachlassverbindlichkeit allein Abänderungsklage zu erheben.
Das OLG hielt die Abänderungsklage der Klägerin für schlüssig. Eine Abänderung richte sich bei einem Prozessvergleich nicht nach § 323 Abs. 1 ZPO, sondern nach den Grundsätzen über die Änderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 BGB.
Ob eine solche Änderung eingetreten sei, richte sich nach dem Parteiwillen als dem Geltungsgrund des Vergleichs. Sei in den danach maßgeblichen Verhältnissen seit Abschluss des Vergleichs eine Änderung eingetreten, müsse die gebotene Anpassung der getroffenen Regelung an die veränderten Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und die ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen.
Die Voraussetzungen für eine Abänderung seien im vorliegenden Fall gegeben.
Die notarielle Unterhaltsvereinbarung liege ca. 34 Jahre zurück, der damalige Parteiwille sei nicht schriftlich festgehalten worden. Zwischenzeitlich seien tiefgreifende Änderungen wie Wegfall der Kindesbetreuung, Eintritt der geschiedenen Ehegatten ins Rentenalter und Tod des Unterhaltsschuldne...