Leitsatz (amtlich)

Ein Verkäufer, der Verbrauchern über ein Internet-Auktionshaus Waren anbietet, handelt als Unternehmer, wenn die Gesamtumstände seines Internetauftritts den Eindruck eins professionellen Händlers erwecken; ihm obliegen deshalb die bei Fernabsatzverträgen vorgeschriebenen Informationspflichten.

 

Normenkette

BGB-InfoV § 1; BGB § 312b Abs. 1, § 312c Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 16.10.2006; Aktenzeichen 2 HK. O 169/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) vom 16.10.2006 geändert:

Der Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr des Fernabsatzhandels mit Verbrauchern zu Wettbewerbszwecken, Waren anzubieten, ohne

  • Verbraucher vor Abschluss eines Fernabsatzvertrages auf das Bestehen eines Widerrufsrechtes gem. § 355 Abs. 1, 2 BGB hinzuweisen,
  • im Rahmen der Anbieterkennung den vollständigen Namen, Angaben zur schnellen elektronischen Kontaktaufnahme einschließlich der Adresse der elektronischen Post zu machen und die ladungsfähige Anschrift leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.

II. Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Gründe

I. Die Verfügungsklägerin betreibt - teilweise über das Internet - einen Versandhandel. Unter anderem vertreibt sie Telekommunikationsartikel wie Handys samt Zubehör und Prepaidkarten. Der Verfügungsbeklagte ist bei dem Internetauktionshaus ... unter dem Namen "..." registriert. Er vertreibt im Rahmen sog. Internetauktionen u.a. auch Handys und Zubehör, wobei er als privater Verkäufer auftritt. In seinen Angeboten weist er weder auf ein Widerrufsrecht der Käufer hin, noch ist seiner Internetseite sein Name, seine elektronische Postadresse oder seine ladungsfähige Anschrift zu entnehmen.

Die Verfügungsklägerin hält die Werbung des Verfügungsbeklagten wegen Verstoßes gegen die Vorschriften des Teledienstegesetzes (TDG) und der Bestimmungen über Fernabsatzverträge (§§ 312 ff. BGB, § 1 BGB-InfoV) für wettbewerbswidrig. Sie begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung dem Beklagten solche Internetauftritte zu verbieten.

Durch das angefochtene Urteil vom 16.10.2006 hat die 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht habe, dass der Verfügungsbeklagte als Unternehmer handele.

Mit ihrer Berufung bekämpft die Verfügungsklägerin das Urteil in vollem Umfang. Sie rügt die Rechtsauffassung des LG.

Ergänzend trägt sie vor: Ausweislich eines Internetauszugs vom 16.10.2006 (Bl. 77) habe der Verfügungsbeklagte vom 16.9.2006 bis 14.10.2006 26 weitere Internetauktionen durchgeführt.

Sie beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und den Verfügungsbeklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung hiermit angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem Antragsgegner zu vollziehen ist, zu unterlassen, im gesetzlichen Verkehr des Fernabsatzhandels mit Verbrauchern zu Wettbewerbszwecken, wie aus den Anlagen K5 - 16 der Antragsschrift vom 26.9.2006 ersichtlich, Waren anzubieten, ohne

  • Verbraucher vor Abschluss eines Fernabsatztvertrages auf das Bestehen eines Widerrufsrechtes gem. § 355 Abs. 1, 2 BGB hinzuwesen,
  • im Rahmen der Anbieterkennung den vollständigen Namen, Angaben zur schnellen elektronischen Kontaktaufnahme einschließlich der Adresse der elektronischen Post und die ladungsfähige Anschrift leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung seines dortigen Vorbringens.

Ergänzend trägt er vor:

Er habe am 9.11.2006 ein Gewerbe bezüglich des Handelns mit Mobilfunkanlagen und Zubehör sowie Reparaturen als Nebenerwerb bei der zuständigen Verbandsgemeinde D. angemeldet.

Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Verfügungsklägerin führt zum Erfolg.

1. Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte Anspruch, es nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 312c, 355 bis 357 i.V.m. Art. 240, §§ 1 Nr. 1 und 10, § 14 BGB-InfoV sowie § 6 Nr. 1 und 2 TDG bzw. nunmehr § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des elektronischen Geschäftsverkehrsvereinheitlichungsgesetzes (EIGVG) zu unterlassen, im Rahmen ihrer Auktionsangebote im Internet zu werben, ohne auf das Bestehen eines Widerrufsrechtes nach § 355 Abs. 1, Abs. 2 BGB hinzuweisen und ohne die nach den genannten Vorschriften des TDG bzw. EIGVG erforderlichen Identifizierungsmerkmale anzugeben.

Bei den streitgegens...

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