Verfahrensgang

VG Berlin (Beschluss vom 12.06.1998; Aktenzeichen 26 A 124.98)

 

Tenor

Die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Juni 1998 wird zurückgewiesen.

Die Vollstreckungsgläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Vollstreckungsgläubigerin begehrt die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung aus dem Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. April 1998 – VG 26 A 78.98 –. In diesem Beschluß wurde der Vollstreckungsschuldner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Vollstreckungsgläubigerin am 20. Juni 1998 den … saal … zur Durchführung eines Bundesparteitages zur Verfügung zu stellen. Mit Beschluß vom 19. Mai 1998 hat das Verwaltungsgericht auf Antrag der Vollstreckungsgläubigerin dem Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 DM für den Fall angedroht, daß er der Verpflichtung aus dem Beschluß vom 28. April 1998 nicht bis zum 22. Mai 1998 nachkomme. Auf weiteren Antrag der Vollstreckungsgläubigerin hat das Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 27. Mai 1998 das angedrohte Zwangsgeld festgesetzt und für den Fall, daß der Vollstreckungsschuldner seiner Verpflichtung nicht bis zum 29. Mai 1998 nachkomme, ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 2.000 DM angedroht.

Mit Schriftsatz vom 2. Juni 1998 hat die Vollstreckungsgläubigerin mitgeteilt, daß ihr Bundespräsidium am 30. Mai 1998 beschlossen habe, den für den 20. Juni 1998 geplanten Bundesparteitag auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Nachdem sich der Vollstreckungsschuldner weder von dem verhängten Zwangsgeld noch von der Androhung eines weiteren Zwangsgeldes habe beeindrucken lassen, sei das Bundespräsidium der Ansicht gewesen, daß eine ordnungsgemäße Organisation der für den 20. Juni 1998 geplanten Veranstaltung nicht mehr gewährleistet erscheine. Sie sehe sich deshalb veranlaßt, auf die Rechte aus der einstweiligen Anordnung vom 28. April 1998 zu verzichten.

Den gleichzeitig gestellten Antrag der Vollstreckungsgläubigerin, das im Beschluß vom 27. Mai 1998 angedrohte Zwangsgeld festzusetzen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluß vom 12. Juni 1998 zurückgewiesen. Zugleich hat es das Vollstreckungsverfahren eingestellt und die Beschlüsse vom 19. und 27. Mai 1998 hinsichtlich der in ihnen enthaltenen Zwangsgeldandrohungen und der Zwangsgeldfestsetzung für wirkungslos erklärt. Zur Begründung heißt es, das Vollstreckungsverfahren sei wegen Erledigung (§ 15 Abs. 3 VwVG) einzustellen gewesen, weil sein alleiniger Zweck, die durch die einstweilige Anordnung vom 28. April 1998 titulierte Handlungspflicht des Vollstreckungsschuldners durchzusetzen, nicht mehr erreicht werden könne, nachdem die Vollstreckungsgläubigerin darauf verzichtet habe, den Vollstreckungsschuldner aus der einstweiligen Anordnung in Anspruch zu nehmen. Daraus ergebe sich auch die Wirkungslosigkeit der bisher im Vollstreckungsverfahren ergangenen Zwangsgeldandrohungen bzw. Zwangsgeldfestsetzung für die Zukunft, da von ihnen keine Belastungen mehr ausgehen könnten. Der Festsetzungsantrag der Vollstreckungsgläubigerin sei zurückzuweisen, da eine „sanktionierende” Festsetzung mit dem Zweck des Vollstreckungsverfahrens nicht vereinbar sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Vollstreckungsgläubigerin. Sie meint, der angefochtene Beschluß könne keinen Bestand haben. Er belohne einen eklatanten Ungehorsam des Vollstreckungsschuldners und versage ihr effektiven Rechtsschutz in einem Fall, der über den geplanten Bundesparteitag hinaus Bedeutung habe. Es stehe zu befürchten, daß der Vollstreckungsschuldner sein rechtswidriges Verhalten fortsetze und sich auch andere veranlaßt sähen, ihre – der Vollstreckungsgläubigerin – aus der Verfassung (Art. 21, 3 GG) folgenden Rechte zu negieren. Das Verwaltungsgericht verkenne die Funktion von § 172 VwGO. Zwar sei das Zwangsgeld in erster Linie Beugemittel und keine Strafe. Schon aus der Beugefunktion ergebe sich jedoch die Notwendigkeit, das Vollstreckungsverfahren fortzusetzen. Das verfassungsfeindliche Handeln des Vollstreckungsschuldners dürfe aber auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht folgenlos bleiben. Es müsse zumindest eine finanzielle Sanktion in Gestalt der Festsetzung und Beitreibung des Zwangsgeldes nach sich ziehen.

Die Vollstreckungsgläubigerin beantragt,

den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Juni 1998 aufzuheben, soweit darin die Einstellung des Vollstreckungsverfahrens angeordnet und die Wirkungslosigkeit der Beschlüsse vom 19. und 27. Mai 1998 hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung festgestellt worden ist, sowie ein weiteres Zwangsgeld festzusetzen.

Der Vollstreckungsschuldner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Fortsetzung der Vollstreckung nach dem Verzicht der Vollstreckungsgläubigerin auf ihre Rechte aus der einstweiligen Anordnung für unzulässig. Das in § 172 VwGO vorgesehene Zwangsgeld sei keine Strafmaßnahme, sondern einzig und a...

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