Verfahrensgang
VG Berlin (Beschluss vom 10.10.2001; Aktenzeichen 19 A 254.01) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.112,92 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer der zusammen 611 m² großen vor dem Krieg bebauten Grundstücke L. 90 in Berlin-Mitte. Diese Grundstücke wurden seit 1950 mit weiteren Grundstücken und Resten der alten Stadtmauer zwischen L. und W. ße als öffentliche Grünfläche und teilweise früher auch als Zufahrt zum Baugrundstück der Beigeladenen „P.”) genutzt. Im Grünflächenverzeichnis Berlin – Park- und Grünanlagen – nach dem Stand vom 31. Dezember 1996 ist die Grünanlage unter Objekt Nr. 0108 „Alte Stadtmauer” eingetragen.
Am 22. April 1997 (ABl. S. 1337) beschloss das Bezirksamt Mitte von Berlin die Aufstellung des Bebauungsplans I-56, der u.a. auch für die Grundstücke des Antragstellers die Festsetzung einer öffentlichen Parkanlage vorsieht. Die vorzeitige Bürgerbeteiligung fand in der Zeit vom 12. Mai bis 12. Juni 1997 statt, die Träger öffentlicher Belange wurden in der Zeit vom 12. Mai bis 5. Juli 1997 beteiligt. In der Zeit vom 17. November bis 17. Dezember 1997 wurde der Entwurf des Bebauungsplans öffentlich ausgelegt. Am 11. Dezember 2001 beschloss das Bezirksamt Mitte von Berlin den Bebauungsplan I-56 in der Fassung vom 10. November 1997 mit Deckblatt vom 5. Dezember 2001 der Bezirksverordnetenversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen. Diese fasste am 17. Januar 2002 den entsprechenden Beschluss.
Einen Vorbescheidsantrag des Antragstellers vom 23. März 2001 für die Errichtung von Wohnbauten mit Gewerbeanteil im EG und 1. OG lehnte der Antragsgegner mit Bescheid Nr. 1072/01 vom 7. September 2001 ab, da die seit den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts als öffentliche Grünfläche genutzten Grundstücke durch Realakt öffentlich gewidmet seien und dem Moratorium nach Artikel 233 § 2 a EGBGB unterlägen; eine Entwidmung als Grünfläche sei nicht gewollt und würde den Zielen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans zuwiderlaufen.
Die Beigeladene beabsichtigt, auf den Grundstücken Klosterstraße 68–72 und Waisenstraße 24, 25 einen Um- und Erweiterungsbau des vorhandenen Gebäudes sowie die Errichtung einer Tiefgarage. Am 12. Juni 2001 erteilte der Antragsgegner die Baugenehmigung Nr. 295/01 u.a. zum Anbau an den nordöstlichen Gebäudeteil an der Waisenstraße gegenüber den Grundstücken des Antragstellers über alle sechs Vollgeschosse. Die mit ½ H berechnete Abstandfläche beträgt zwischen 10,4 m und 12,2 m. Die Abstandfläche fällt zunächst auf die ca. 5 m breite Waisenstraße und im Übrigen auf die Grundstücke des Antragstellers. Der Antragsteller legte Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung, was der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 31. August 2001 ablehnte.
Den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung hat das Verwaltungsgericht Berlin durch den Beschluss vom 10. Oktober 2001 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, abstandflächenrechtliche Vorschriften seien eingehalten. Hier greife die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 BauO Bln ein, wonach die Abstandflächen auch auf öffentlichen Verkehrsflächen und öffentlichen Grünflächen liegen dürften, jedoch nur bis zu deren Mitte. Bei den Grundstücken des Antragstellers handele es sich um eine öffentliche Grünfläche im Sinne des Grünanlagengesetzes. Einer Widmung nach § 2 Abs. 1 des Grünanlagengesetzes habe es hier nicht bedurft, da bestehende öffentliche Grün- und Erholungsanlagen als gewidmet gälten, wenn sie zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes in den bei den Bezirken vorhandenen Bestandsunterlagen als öffentliche Grün- und Erholungsanlagen geführt seien. Nach den Unterlagen des Antragsgegners würden die Grünanlagen an der alten Stadtmauer seit 1950 als Grünanlagen bezeichnet und bewirtschaftet. Nach dem früheren Recht der DDR habe es einer ausdrücklichen Widmung nicht bedurft, entscheidend sei die faktische Nutzung als Grün- und Erholungsfläche. Die schon in den Fünfzigerjahren erfolgte Eigentumsbeeinträchtigung könne nicht dem Verantwortungsbereich der dem Grundgesetz verpflichteten Staatsgewalt der Bundesrepublik zugerechnet werden. Auf die Frage, ob § 6 Abs. 13 BauO Bln eine Unterschreitung der Abstandfläche erlaube, komme es nicht an.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vom Senat wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten zugelassene Beschwerde des Antragstellers. Zu deren Begründung trägt er vor, bei seinen Grundstücken handele es sich nicht um eine öffentliche Grünfläche im Sinne des Abstandflächenrechts, da sie im Privateigentum stünde. Nur auf Grünflächen, deren Eigentümer...