Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstunfähigkeit. Entlassung. Amtsarzt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung über die Dienstfähigkeit eines Beamten hat der Dienstherr in eigener Verantwortung auf der Grundlage aller ihm zugänglichen Fakten zu treffen. Er ist dabei auch an ein amtsärztliches Gutachten nicht gebunden.

2. Zur Entlassung eines Beamten auf Probe wegen Dienstunfähigkeit.

 

Normenkette

BBG § 31 Abs. 1 Nr. 3, § 46a Abs. 1

 

Verfahrensgang

VG Bremen (Urteil vom 16.07.2004; Aktenzeichen 6 K 317/03)

 

Tenor

Der Antrag der Beklagten, die Berufung gegen dasUrteil desVerwaltungsgerichts Bremen – Einzelrichterin der 6. Kammer vom16.07.2004 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 23.263,37 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und begehrt die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.

Die Klägerin ist am … … 1974 geboren. Am 01.08.1991 nahm sie bei der Deutschen Bundespost eine Berufsausbildung als Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb auf (einfacher, nicht technischer Dienst). Nach Bestehen der Abschlussprüfung wurde die Klägerin mit Wirkung vom 19.06.1993 in ein Beamtenverhältnis auf Probe berufen und als Briefzustellerin eingesetzt. Die Klägerin bewährte sich in der Probezeit. Die Deutsche Bundespost übertrug ihr daraufhin das Amt einer Postoberschaffnerin bei dem Postamt Bremerhaven und wies sie in eine entsprechend bewertete Planstelle (Bes.Gr. A 3) ein.

Am 12.01.1998 wurde die Klägerin durch einen – unverschuldeten – Verkehrsunfall schwer verletzt. Sie erlitt insbesondere Brüche an Armen und Beinen.

Mit Bescheid vom 27.06.2001 entließ die Deutsche Post die Klägerin mit Ablauf des 30.09.2001 gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 BBG aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, weil die Klägerin dienstunfähig i.S.d. § 42 Abs. 2 BBG sei und eine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 46 Abs. 2 BBG nicht in Betracht komme.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, den die Deutsche Post mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2003 zurückwies. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Postbetriebsarzt Dr. H. habe in seinem Gutachten vom 31.07.2002 – nach Einholung eines Facharztgutachtens – eine Arthrose des rechten oberen Sprunggelenkes diagnostiziert und eine Zunahme der Arthrose in den kommenden Jahren prognostiziert. Aufgrund dessen habe Dr. H. aus chirurgischer Sicht zukünftig die Briefzustellung mit vier oder mehr Stunden täglich ausgeschlossen. Die Zustellung zu Fuss oder mit dem Rad sei sogar gänzlich unmöglich. Eignung bestehe nur für eine Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen ausgeübt werden könne. Im einfachen Postdienst sei die Zustellung der originäre Kernbereich der Tätigkeit. Eine Beschäftigung der Klägerin mit Aufgaben, denen sie gesundheitlich gewachsen sei, sei nach näherer Prüfung der in Frage kommenden Einsatzbereiche nicht möglich.

Am 25.02.2003 hat die Klägerin Klage erhoben.

Das Verwaltungsgericht hat ein fachorthopädisches Gutachten des Dr. von H. eingeholt zur Frage, ob die Klägerin zum Entlassungszeitpunkt 30.09.2001 aufgrund ihres orthopädischen Leidens, insbesondere der Sprunggelenksarthrose in Folge eines Verkehrsunfalls im Jahre 1998, aus fachorthopädischer Sicht dauernd unfähig war, die dem Amte des Posthauptschaffners (A 4 BBesO) bzw. der Laufbahn des einfachen Postdienstes zugeordneten Dienstposten wahrzunehmen. Auf den Inhalt des Gutachtens vom 28.11.2003 wird verwiesen.

Mit Urteil vom 16.07.2004 hat das Verwaltungsgericht den Entlassungsbescheid vom 27.06.2001 und den Widerspruchsbescheid vom 29.01.2003 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, das Beamtenverhältnis auf Probe der Klägerin in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln. Die Entlassungsverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheids sei rechtswidrig, weil sie auf die ärztliche Diagnose einer Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks gestützt sei, die nach dem Gutachten des Dr. von H. nicht haltbar sei. Der Klägerin stehe auch ein Rechtsanspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu. Denn der Dienstherr habe zum Entlassungszeitpunkt keine (dauernde) Dienstunfähigkeit der Klägerin annehmen können. Zweifel an der gesundheitlichen Eignung stünden der Übernahme der Klägerin, die die laufbahnrechtliche Probezeit lange absolviert hätte, nicht entgegen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte und beantragt die Zulassung ihrer Berufung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund ist nicht dargelegt (§ 124 a Abs. 4 S. 4 VwGO).

Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Ein darauf gestützter A...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?