Entscheidungsstichwort (Thema)
Untersagung der Vermittlung von Sportwetten
Verfahrensgang
VG Halle (Saale) (Beschluss vom 17.01.2005; Aktenzeichen 3 B 71/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle – 3. Kammer – vom 17. Januar 2005 geändert.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,– EUR und unter Änderung der Streitwertentscheidung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle – 3. Kammer – vom 17. Januar 2005 für den ersten Rechtszug ebenfalls auf 7.500,– EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 10. August 2004 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05. August 2004 wiederhergestellt.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Verfügung, welche der Antragstellerin die Entgegennahme und Vermittlung von Sportwetten eines in Gibraltar ansässigen Unternehmens untersagt.
Ohne Rechts- und Ermessensfehler hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Entgegennahme und Bewerbung von Sportwetten in ihrem Zuständigkeitsbereich untersagt, weil es sich hierbei um verbotenes Glücksspiel im Sinne von § 284 StGB handelt. Sowohl Verfassungs- als auch Gemeinschaftsrecht stehen dieser Einschätzung nicht entgegen. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin, einstweilen vom Vollzug der Untersagungsverfügung verschont zu bleiben, nachrangig ist.
Zu Recht hat die Antragsgegnerin die Untersagungsverfügung auch im Hinblick darauf, dass in Sachsen-Anhalt jedenfalls im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides für Glücksspiele kein gesetzlicher Zulassungstatbestand existierte, nicht auf § 15 Abs. 2 GewO, sondern auf die ordnungsrechtliche Regelung des § 13 SOG LSA gestützt. Den Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung hat die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei darin gesehen, dass die Antragstellerin durch ihre Vermittlertätigkeit den Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB bzw. § 287 Abs. 1 StGB verwirklicht.
Bei den von der Antragstellerin entgegengenommenen bzw. vermittelten Oddset-Wetten (Sportwetten mit festen Gewinnquoten) handelt es sich um Glücksspiele im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB. Die Glücksspieleigenschaft der von der Antragstellerin vermittelten bzw. entgegengenommenen Oddset-Wetten kann nach der obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung, welche sich der Senat anschließt, nicht ernstlich in Frage gestellt werden (vgl. VGH München, U. v. 29.09.2004 – 24 BV 03.3162 –, GewArch 2005, 78; VGH Mannheim, B. v. 12.01.2005 – 6 S 1288/04 –, GewArch 2005, 113). Auch in der Sache kann nach Überzeugung des Senats nicht zweifelhaft sein, dass bei Sportwetten der vorliegenden Art dem Zufallselement zumindest ein Übergewicht zukommt (vgl. BGH, U. v. 28.11.2002 – 4 StR 260/02 –, GewArch 2003, 332). Der Erfolg der Wette hängt auch bei Teilnahme typischerweise sachkundiger Personen entscheidend von einer Vielzahl nicht vorab einschätzbarer Faktoren und somit vom Zufall ab. Weiter erfüllt die Antragstellerin durch ihre Vermittlertätigkeit in eigener Person und somit als Täterin das Tatbestandsmerkmal des „Veranstaltens” des Glücksspiels. Denn sie hat verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels geschaffen und dadurch den Wettteilnehmern die Möglichkeit zum Abschluss von Spielverträgen ermöglicht (vgl. VGH München, U. v. 29.09.2004, a. a. O.; VGH Mannheim, B. v. 12.01.2005, a. a. O.).
Die Antragstellerin veranstaltet das verbotene Glücksspiel auch ohne „behördliche Erlaubnis”, wobei § 284 StGB so zu interpretieren ist, dass nur die Erlaubnis der sachlich und örtlich zuständigen Landesbehörde das Veranstalten bzw. Vermitteln des Glücksspiels legitimieren kann. Auf die der DH in Gibraltar erteilte sog. Gaming licence kommt es im Zusammenhang des Tatbestands des § 284 Abs. 1 StGB schon deshalb nicht an, weil dieser allein auf das Fehlen einer wirksamen inländischen Erlaubnis abstellt (vgl. VGH Mannheim, B. v. 12.01.2005, a. a. O.). Die Antragstellerin kann dieses Ergebnis auch unter Hinweis auf Gemeinschaftsrecht nicht in Frage stellen. Insbesondere die Ausführungen des EuGH im Urteil vom 11. September 2003 (C-6/01 „Anomar”) setzen die Möglichkeit voraus, dass einzelne Mitgliedstaaten der Europäischen Union in anderen Mitgliedstaaten erteilte Erlaubnisse nicht anerkennen.
Das Verbot des unerlaubten öffentlichen Veranstaltens bzw. Vermittelns von Sportwetten verletzt die Antragstellerin auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Grundrechte bzw. Grundfreiheiten nach europäischem Gemeinschaftsrecht können erst dann verletzt sein, wenn die Tatbestandsvoraussetzung „ohne behördliche Erlaubnis” in § 284 Abs. 1 StGB kon...