Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren. Nachbarklage. Prüfungsprogramm
Leitsatz (amtlich)
Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren kann sich eine Rechtsverletzung des klagenden Nachbarn nur aus der Nichtbeachtung einer zum Prüfungs- und Entscheidungsprogramm der Behörde gehörenden, seinem Schutz dienenden öffentlich-rechtlichen Vorschrift, also im Wesentlichen des Bauplanungsrechts, ergeben, während er hinsichtlich sonstiger bei der Ausführung des Vorhabens zu beachtender nachbarschützender Bestimmungen (§ 60 II LBO 2004) nach dieser gesetzlichen Grundkonzeption zwingend auf die Geltendmachung eines Einschreitensanspruchs gegen die Bauaufsichtsbehörde zu verweisen ist.
Ein Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Verfahrensvorschriften löst keine nachbarrechtlichen Abwehransprüche aus.
Normenkette
LBO 2004 § 60 II; LBO 1996 § 77; LBO 2004 § 65
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. September 2006 – 5 K 99/05 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 7.500,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der fristgerecht gestellte und auch ansonsten zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 II Nr. 1 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 II Nr. 3 VwGO) und der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 II Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor.
Zur Begründung seines Zulassungsantrags führt der Kläger im Wesentlichen aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, denn der Entscheidung liege ein falsches Verständnis des Umfanges und der Bedeutung der in Bezug genommenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 26.1.2006 – 2 R 9/05 – zugrunde. Hieraus und aus dem fehlerhaften Verständnis des tatsächlichen Regelungsgehalts der angefochtenen Baugenehmigung ergäben sich auch die ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung und beide Aspekte belegten die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten. Das Verwaltungsgericht habe die Anwendbarkeit des in Bezug genommenen Urteils vom 26.1.2006 – 2 R 9/05 – dahinstehen lassen, weil vorliegend – anders als in dem entschiedenen Fall – nicht schon in der Baugenehmigung geregelt sei, dass das klägerische Grundstück durch die Feuerwehr in Anspruch genommen werden könne/ dürfe/ müsse. In dem dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fall habe die Baugenehmigung diesbezüglich konkrete Auflagen enthalten. Dieser Unterschied zur Baugenehmigung der Beigeladenen führe zur grundsätzlichen Bedeutung. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Baugenehmigung insgesamt nicht die zwangsläufige Inanspruchnahme des Grundstücks des Klägers legitimiere, sei unzutreffend. Insoweit sei dessen Ansicht, dass aufgrund der Höhe des Nachbargebäudes keine Durchfahrt, sondern nur ein Durchgang erforderlich sei, unrichtig. Das geplante Gebäude solle 9,80 m hoch werden; es sei nicht nachvollziehbar, dass zum Anleitern bestimmte Stellen sämtlich unter 8 m lägen. Das Dachgeschoss sei von der Vorderseite überhaupt nicht anzuleitern. An der Rückseite müsse oberhalb eines Balkones ein Fenster erreicht werden, an welches eine schräge Leiter wegen des im 1. OG vorspringenden Balkones überhaupt nicht gestellt werden könne. Die Dachgeschoss-Fenster seien außerdem feststehend. Dem Umkehrschluss des Verwaltungsgerichts, dass keine „zwangsläufige” Inanspruchnahme des Grundstücks ermöglicht sei, weil in der Baugenehmigung nicht geregelt sei, dass das Tor immer unverschlossen sein müsse, könne nicht zugestimmt werden. Diese Inanspruchnahme werde vielmehr gerade nicht ausgeschlossen, weil im Bauantrag schon nicht enthalten sei, dass das Tor immer unverschlossen bleiben werde. Nur wenn Schutzvorkehrungen getroffen würden, dass das Tor offen bleibe, sei die Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks nicht zwangsläufig. Außerdem werde nicht berücksichtigt, dass ein Zugang zur rückwärtigen Seite des Gebäudes nur durch dieses hindurch möglich wäre. Da Gebäude der Klasse 2 zwei Rettungswege benötigten (§ 33 II LBO), nämlich Treppe und Leiter, und gemäß § 1 II TVO ein geradliniger Durchgang von den öffentlichen Flächen gefordert werde, sei diese Voraussetzung schon nicht im Hinblick auf den Eingang des rückwärtigen Gebäudes erfüllt, da dieser nicht geradlinig zum Tor des Vorderhauses liege. Ferner müsse man dann noch geradlinig durch das Wohnzimmer des EG auf die rückwärtige Seite zum Anleitern gelangen, was je nach Türen und Möblierung völlig unmöglich sei. Diese besonderen Umstände hätten trotz des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs zur Ablehnung der Baugenehmigung führen müssen, weil eine ernstliche Gefährdung des klägerischen...