Entscheidungsstichwort (Thema)
Abbruch eines Gebäudes im Wege des sofortigen Vollzuges. Kostenerstattung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde zur Geltendmachung von im Zuge der Ausführung von Ersatzvornahmen durch Dritte – hier von mit dem Abriss eines nicht mehr standsicheren Gebäudes beauftragten Baufirmen – entstandenen Auslagen ergibt sich aus den §§ 77 Abs. 1 und Abs. 6 SVwVG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 9 VwVGKostO.
2. Zu den rechtlichen Voraussetzungen für einen von der Bauaufsichtsbehörde im Wege des sofortigen Vollzugs nach § 18 Abs. 2 SVwVG ohne vorherige Anhörung des Eigentümers veranlassten Teilabbruch eines nicht mehr standsicheren Hauses an einer öffentlichen Straße in zentralörtlicher Position.
3. Die Kontrolle der von § 13 Abs. 1 Satz 1 LBO 2004 geforderten Standsicherheit von Gebäuden und gegebenenfalls ein Tätigwerden zur Abhilfe sich aus einer im Einzelfall fehlenden Stabilität mit entsprechendem Gefährdungspotential für Leib und Leben von Personen gehört zu den “vornehmsten Aufgaben” der Bauaufsichtsbehörde im Bereich der Gefahrenabwehr.
4. Die Sicherstellung der Standsicherheit von Gebäuden obliegt, jedenfalls wenn deren Verlust mit Gefahren für Personen einhergeht, nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 LBO 2004 nicht primär der Bauaufsichtsbehörde, sondern zunächst dem Eigentümer obliegt.
5. Der Abbruch von Gebäuden in reiner Selbst- und Nachbarschaftshilfe ist nach § 53 Abs. 2 Satz 2 LBO 2004 nicht vorgesehen.
Normenkette
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2; SVwVfG § 28 Abs. 2 Nr. 1; SPolG § 5 Abs. 1 S. 1; SVwVG § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 4, §§ 21, 77 Abs. 1, 6; VwVGKostO § 10 Abs. 1 Nr. 9; LBO 1988 § 3 Abs. 1, § 16 Abs. 1; LBO 2004 § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 S. 1, § 53 Abs. 2 S. 2, § 57 Abs. 2, § 82 Abs. 1; LBO 2008 § 82a
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 3. Juni 2009 – 5 K 333/07 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 2.214,83 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger wendet sich gegen zwei Bescheide des Beklagten, mit denen er zur Erstattung der Kosten für die Sicherung und den Teilabbruch eines ihm gehörenden Gebäudes im Jahre 2006 aufgefordert wurde.
Der selbst in N… wohnhafte Kläger ist Eigentümer der in zentraler Lage des Ortsteils O… der Stadt S… gelegenen Parzelle Nr. 22 in Flur 13 der Gemarkung O… Darauf befand sich ein altes, in der Vergangenheit landwirtschaftlich benutztes Gebäude (sog. “Quereinhaus”, Anwesen B…straße 9), dessen Wohnteil giebelständig bis unmittelbar an die B…straße heranreichte und bis 2006 vermietet war.
In einem Vermerk in der Bauakte des Beklagten vom 3.2.2006 über eine am Vortag durchgeführte Baukontrolle heißt es, dass Dachziegel und Steine aus dem Ortgangbereich des Giebels auf die Straße gefallen seien. Zur Vermeidung weitergehender Gefährdung sei eine Sofortmaßnahme unumgänglich gewesen. Eine vom Beklagten mit der Behebung des Gefahrenzustands betraute Baufirma habe am 3.2.2006 die lose Dachrinne zurückgeschnitten, eine Absturzsicherung an der Traufseite des Daches montiert, die Ziegel im Ortgangbereich befestigt und loses Mauerwerk entfernt. Bei einer Überprüfung habe sich zudem ergeben, dass die Fenstergewände im Bereich des straßenseitigen Giebels nicht mehr mit dem Mauerwerk verbunden gewesen seien und ebenfalls herabzustürzen drohten. Mit Blick darauf sei der Straßenbereich mit einem Bauzaun abgesperrt worden.
Durch Bescheid vom 13.2.2006 forderte der Beklagte vom Kläger unter Schilderung des Sachverhalts die Erstattung der ihm von der Baufirma für diese Sicherungsmaßnahmen in Rechnung gestellten Betrages von 571,– EUR. In der Verfügung heißt es unter anderem, dass der Kläger nicht zu erreichen gewesen sei. Außerdem wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorgenommene Absperrung des gefährdeten Straßenbereichs nicht zur dauerhaften Gefahrenbeseitigung geeignet sei. Grundsätzlich bedürfe es einer Sanierung der Fenstergewände. Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein.
In einem weiteren Aktenvermerk über eine Baukontrolle am 3.4.2006 heißt es, der Zustand des straßenseitigen Außengiebels des nicht mehr bewohnten Hauses habe sich dramatisch verschlechtert. Die Sandsteingewände im Giebeldreieck seien nicht mehr mit dem Mauerwerk verbunden. Das oberste Gewände weise inzwischen eine Außenneigung von mindestens 10 cm auf und drohe auf die Straße zu stürzen. Seit der örtlichen Kontrolle im Februar habe sich der Giebel drastisch und deutlich erkennbar stärker nach außen geneigt, was auf eine gefährliche Bewegung des Bauteils schließen lasse. Der im Erdgeschoss entstandene Riss zwischen Giebel und angrenzender Zwischenwand betrage 2 cm. Im Dachgeschoss sei infolge fortschreitender Außenneigung bereits eine Mittelpfette wegen fehlenden Außenlagers auf die Decke gestürzt. Eine zweite liege nu...