Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderung der Kosten einer im Wege des sofortigen Vollzuges vorgenommenen Ersatzvornahme durch Leistungsbescheid
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kosten der im Wege des sofortigen Vollzuges nach § 18 Abs. 2 SVwVG vorgenommenen Ersatzvornahme können gemäß § 77 Abs. 1 SVwVG durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden.
2. Eine im Wege des sofortigen Vollzuges nach § 18 Abs. 2 SVwVG vorgenommene Ersatzvornahme ist rechtmäßig, wenn auf Grund der Baufälligkeit eines Gebäudes die akute Gefahr besteht, dass Straßenverkehrsteilnehmer durch herabfallende Gebäudeteile verletzt werden könnten und nach der sachkundigen Meinung der Bauaufsichtsbehörde ein weiteres Zuwarten nicht möglich ist.
3. Bei bestehender Identität von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen eine von der Widerspruchsbehörde vorgenommene Verböserung (reformatio in peius) eines Leistungsbescheides.
Normenkette
GG Art. 14; VwGO § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SVwVfG § 46; SVwVG § 13 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 18 Abs. 2, §§ 21, 71 Abs. 1-2, § 77 Abs. 1, 6, § 78; SPolG § 5 Abs. 2; LBO § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 57 Abs. 2; VwVGKostO § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 9; AGVwGO § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 2 b)
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 2.214,83 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Leistungsbescheide des Beklagten vom 13.02.2006 und 22.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2006, mit denen er zur Zahlung von insgesamt 2.214,83 Euro aufgefordert worden ist.
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in der Brückenstraße … in A…-Stadt-O…, Flur …, Parzelle Nr. …, auf dem sich bis zum 04.04.2006 ein ehemaliges Bauernhaus (Typ: Quereinhaus) befunden hatte. Das Gebäude steht mit seinem 2 ½ Geschosse hohen Giebel so hart am Straßenrand der Brückenstraße, dass dort ein durchgängiger Bürgersteig nicht vorhanden ist. Die vordere linke Hausecke stößt unmittelbar auf die Straßenfahrbahn.
Bei einer am 02.02.2006 durchgeführten Baukontrolle wurde von Mitarbeitern des Beklagten festgestellt, dass von dem Gebäude Dachziegel auf die unmittelbar angrenzende Straßenfläche gestürzt waren. Nach deren Feststellungen waren außerdem einzelne Steine aus dem Ortgangbereich des Straßengiebels bis zur Mitte der Fahrbahn der Brückenstraße gestürzt. Zudem war die Dachrinne in dem Bereich des schadhaften Ortganges lose und hatte sich teilweise abgesenkt. Der Beklagte beauftragte daraufhin den Dachdeckerbetrieb Gebrüder St… GmbH mit der Beseitigung des Gefahrenzustandes. Die Gebrüder St… GmbH führte daraufhin am 03.02.2006 verschiedene Sicherungsarbeiten aus. Die Kosten für diese Arbeiten wurden von der Gebrüder St… GmbH in der Rechnung vom 07.02.2006 mit 571,-- Euro beziffert.
Mit Leistungsbescheid vom 13.02.2006 wurde der Kläger zur Zahlung der 571,-- Euro bis zum 15.03.2006 aufgefordert. In dem Bescheid ist ausgeführt, es habe die Gefahr bestanden, dass weitere nicht mehr standsichere Bauteile herabstürzen und das Leben und die Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie Passanten gefährden würden. Von dem Gebäude sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgegangen. Unter diesen Umständen habe dringender Handlungsbedarf bestanden. Der Kläger sei zum Zeitpunkt der Baukontrolle jedoch nicht zu erreichen gewesen. Daher habe der Beklagte von der nach § 18 Abs. 2 des Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (SVwVG) gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, Verwaltungszwang ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt anzuwenden.
Gegen den 21.02.2006 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 21.03.2006 Widerspruch eingelegt.
Am 03.04.2006 wurde eine weitere Baukontrolle durchgeführt. Dabei wurde festgestellt worden, dass sich der bauliche Zustand des straßenseitigen Außengiebels dramatisch verschlechtert hatte. Der Giebel sei mittlerweile akut baufällig, Stand- und Verkehrssicherheit seien nicht mehr gewährleistet. Es müsse jederzeit mit dem Einsturz gerechnet werden. Der Beklagte beauftragte daraufhin per Telefax am 04.04.2007 die A… GmbH mit der Beseitigung des straßenseitigen Außengiebels. Da sich nach Angaben des Beklagten im Zuge der Abbrucharbeiten gezeigt habe, dass ein Abbruch beschränkt auf diese Gebäudeteile nicht durchführbar gewesen sei und auch bei weiteren Gebäudeteilen wie den Geschossdecken und dem Außenmauerwerk die Standsicherheit nicht mehr gewährleistet gewesen sei, sei der Abbruch des gesamten Wohnteils bis zum Ökonomieteil erforderlich gewesen. Gemäß Rechnung der A… GmbH vom 29.05.2006 entstanden Kosten in...