Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff der ausreichenden deutschen Sprachkenntnisse im Einbürgerungsrecht
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Februar 2004 – 12 K 29/03 – wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 8.000,– Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts, durch das ihre Klage auf Aufhebung der Bescheide vom 4.9.2001 und 6.5.2002 und Verpflichtung des Beklagten zur Einbürgerung abgewiesen wurde, bleibt erfolglos; der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Zur Begründung kann im Wesentlichen auf die überzeugenden Gründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden, denen die Kläger nichts Durchgreifendes entgegensetzen.
Vorab ist festzustellen, dass das Verpflichtungsbegehren der Kläger zum nunmehr maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt
hierzu etwa Hess.VGH, Urteil vom 19.8.2002 – 12 UE 1473/02 –, NVwZ 2003, 762 ff = Inf.AuslR 2002, 484 mangels Übergangsvorschriften, die die Geltung früheren Rechts für bereits eingeleitete Einbürgerungsverfahren vorschreiben, von den durch das Zuwanderungsgesetz (siehe Art. 5 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl. I S. 1950) getroffenen Rechtsänderungen erfasst sind. Die Vorschriften der §§ 85 ff des außer Kraft getretenen AuslG finden sich mit Wirkung vom 1.1.2005 in den §§ 8, 10, 11, 12, 12a und b StAG n.F. wieder.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Kläger mangels ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache i.S.d. § 86 Nr. 1 AuslG (heute § 11 S. 1 Nr. 1 StAG) keinen Anspruch auf Einbürgerung gemäß § 85 AuslG (heute § 10 StAG) haben und hat dies insbesondere aus dem mehrmaligen Nichtbestehen von Sprachtests und der mangelnden Kompetenz, den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Text, einen Zeitungsartikel, verständlich vorzulesen und Fragen inhaltlicher Art zu beantworten, hergeleitet; auch im übrigen sei eine Kommunikation während der Verhandlung nur sehr eingeschränkt möglich gewesen; ferner hat es aus gleichen Gründen die Voraussetzungen einer Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG verneint.
Demgegenüber bezweifeln die Kläger in ihrem Zulassungsvorbringen, dass der zwingende Ausschlussgrund mangelnder ausreichender deutscher Sprachkenntnisse im Sinne des § 86 Nr. 1 AuslG (a.F.) gegeben sei, da hierzu nicht die Fähigkeiten zu lesen und zu schreiben gehörten; eine ausreichende Kenntnis der Schriftsprache könne nicht verlangt werden.
Dam kann nicht gefolgt werden.
Die erstinstanzlich auch unter Bezugnahme auf StAR-VwV Nr. 86.1.1 und 8.1.2.1.1 (GmBl 2001, 122 ff) gezogenen Schlussfolgerungen und getroffene Gesamteinschätzung unterliegen auch aus Sicht des Senats keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln und stehen in Einklang mit anderer obergerichtlicher Rechtsprechung und Kommentarliteratur hierzu Hess.VGH, Urteil vom 19.8.2002 – 12 UE 1473/02 –, a.a.O. und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 12.1.2005 – 13 S 2549/03, EzAR-NF 073 Nr. 1, die beide weitergehend nicht nur Lese- und Verständniskompetenz, sondern – prinzipiell – auch schriftliche deutsche Sprachkenntnisse fordern; Hailbronner/Renner, Komm. zum StAG, 4. Aufl., § 11 Rdnrn. 2 ff., § 8 Rdnrn. 52 ff.; Renner, Komm. zum Ausländerrecht, 7. Aufl., Nachtrag zum Staatsangehörigkeitsrecht, § 86 Rdnrn. 15 ff.
Die Verwaltungsvorschrift Nr. 86.1.1 (Begriffsbestimmung) verlangt, dass sich der Einbürgerungsbewerber im täglichen Leben einschließlich der übrigen Kontakte mit Behörden in seiner deutschen Umgebung sprachlich zurechtzufinden vermag und mit ihm ein seinem Alter und Bildungsstand entsprechendes Gespräch geführt werden kann. Dazu gehört auch, dass der Einbürgerungsbewerber einen deutschsprachigen Text alltäglichen Lebens lesen, verstehen und die wesentlichen Inhalte mündlich wiedergeben kann. Auf Behinderungen, die dem Einbürgerungsbewerber das Lesen und Sprechen nachhaltig erschweren, ist Rücksicht zu nehmen. In Nr. 8.1.2.1 StAR-VwV zu der Ermessenseinbürgerungsvorschrift des § 8 StAG heißt es: „Der Einbürgerungsbewerber muss sich in die deutschen Lebensverhältnisse eingeordnet haben, insbesondere über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen.” Nr. 8.1.2.1.1. entspricht im wesentlichen der StAR-VwV Nr. 86.1.1. und enthält lediglich folgende Änderungen: „Die Fähigkeit, sich auf einfache Art mündlich verständigen zu können, reicht nicht aus. Bei den Anforderungen an die deutschen Sprachkenntnisse ist zu berücksichtigen, ob sie von dem Einbürgerungsbewerber wegen einer körperlichen oder geistigen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllt werden können.”
Die Fähigkeit, Texte auf Deutsch lesen und verstehen zu können, wird auch in den landesrechtlichen Erlassen des Ministerium für Inneres und Sport – B 2 vom 22.12.1999 und 30.1.2001 – verlangt.
Die o.g. Verwaltungsvorschriften des Bundes zu den §§ 85...