Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht kann gemäß § 6 Abs. 5 RGebStV in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Antragstellung grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft gewährt werden; eine rückwirkende Befreiung ist nicht möglich.
2. Wegen der strikten Bindung der Rundfunkanstalt an die Gültigkeitsdauer des jeweiligen Bewilligungsbescheids ist die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 6 Satz 1 RGebStV grundsätzlich entsprechend der Gültigkeitsdauer des Bewilligungsbescheides zu befristen.
3. Eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 RGebStV setzt zwingend die Vorlage eines Schwerbehindertenausweises mit der Eintragung des Merkzeichens “RF” (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 5 Schwerbehindertenausweisverordnung) bzw. die Vorlage eines entsprechenden Feststellungsbescheides voraus.
Normenkette
RGebStV § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 8, Abs. 5, 6 Sätze 1-2; Schwerbehindertenausweisverordnung § 3 Abs. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25.11.2008 – 3 K 616/08 – wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt seine vollständige Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.
Der am … 1978 geborene Kläger ist Schwerbehinderter; der Grad der Behinderung beträgt 70 vom Hundert. Er lebt im Haushalt seiner Eltern und arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Sein Vater ist als sein Vormund eingesetzt.
Am 12.3.2007 unterschrieb der Vater des Klägers ein von einer Gebührenbeauftragten der Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland – GEZ – ausgefülltes Formular, mit dem er für den Kläger ein Radio sowie ein Fernsehgerät als zum Empfang bereitgehaltene gebührenpflichtige Rundfunkempfangsgeräte ab August 2006 anmeldete. Das Anmeldeformular enthielt die Bemerkung “Unterschrift unter Vorbehalt”.
Noch am selben Tag beantragte der Kläger unter Hinweis darauf, dass er zu dem Personenkreis der Empfänger von Grundsicherung im Alter und Empfänger von Grundsicherung bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches) gehöre, sowie unter Vorlage seines bis Ende des Monats April 2007 gültigen Schwerbehindertenausweises die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 1 Rundfunkgebührenstaatsvertrag – RGebStV –.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 6.4.2007 mit der Begründung ab, der Kläger erfülle nicht die Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 8 RGebStV. Das Versorgungsamt habe dem Kläger das Merkzeichen “RF” als Nachweis dafür, dass der Kläger als behinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 80 vom Hundert oder mehr an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen könne, nicht zuerkannt.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 26.4.2007 Widerspruch, zu dessen Begründung er geltend machte, er könne den eigenen Lebensunterhalt aus seiner Tätigkeit in einer Behindertenwerkstatt nicht sicherstellen und beziehe daher Leistungen nach den §§ 44 ff. SGB XII. Vorsorglich wies der Kläger darauf hin, dass er kein eigenes Rundfunkempfangsgerät besitze. Seiner Auffassung nach liege zudem keine ordnungsgemäße Anmeldung vor, weil sein Vater gehörlos sei und den der Unterzeichnung des Anmeldeformulars vorausgehenden Ausführungen der Gebührenbeauftragten der GEZ nicht habe folgen können. Dem Widerspruch beigefügt war ein Bescheid der Kreisverwaltung des Saarpfalz-Kreises vom 12.3.2007 über die Bewilligung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2007 in Höhe von monatlich 310,10 EUR.
Daraufhin befreite der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 14.5.2007 für die Zeit vom 1.4.2007 bis zum 31.12.2007 von der Rundfunkgebührenpflicht; zugleich wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass eine rückwirkende Befreiung nicht zulässig sei.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21.5.2007 erneut Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7.1.2008 mit der Begründung zurückwies, eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht sei entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen nur für den Zeitraum von April 2007 bis Dezember 2007 zulässig, weil der Befreiungsantrag des Klägers erst am 12.3.2007 eingegangen sei. § 6 Abs. 5 RGebStV sehe vor, dass eine Befreiung mit dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat folge, in dem der Antrag bei der Landesrundfunkanstalt oder der GEZ eingegangen sei, beginne. Eine rückwirkende Befreiung sei nicht zulässig, auch wenn die Voraussetzungen bereits früher vorgelegen hätten. Da der vom Kläger vorgelegte Bewilligungsbescheid über den Bezug von Grundsicherung als Nachweis über das Vorliegen der ...