Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmangel. Sachaufklärungspflicht. Ausübung der Eigentümerbefugnisse im Falle öffentlicher, über Privateigentum verlaufender Straßen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verfahrensmangel in Gestalt einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht liegt nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht von Beweiserhebungen absieht, die ein rechtskundig vertretener Beteiligter nicht förmlich beantragt hat, obwohl er Gelegenheit hierzu hatte.
2. Dem privaten Eigentümer eines Grundstücks, über das eine öffentliche Straße verläuft, steht für den Fall, dass sich ein über den hinsichtlich dieser Straße bestehenden Gemeingebrauch hinausgehender Verkehr entwickelt, kein Recht zu, diesen zusätzlichen Verkehr kraft seines Eigentums zu unterbinden. Die Ausübung der diesbezüglichen Eigentümerbefugnisse steht gemäß § 11 Abs. 1 SStrG allein dem Straßenbaulastträger zu.
Normenkette
ZPO § 114; VwGO §§ 86, 124 Abs. 2 Nrn. 1, 5, § 166; SStrG § 11 Abs. 1, §§ 50, 63 S. 1
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Januar 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 10 K 253/09 – wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antrag des Klägers, ihm für das Berufungszulassungsverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, muss ohne Erfolg bleiben. Das Verwaltungsgericht hat sein Begehren, festzustellen, dass seine Eigentumsrechte an dem in seinem Eigentum stehenden Grundstück, Flur …, Flurstück …, in A…-Stadt nicht durch den Umstand eingeschränkt werden, dass Teile des Grundstücks für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, abgewiesen. Der Zulassungsantrag des Klägers bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 166 VwGO, 114 ZPO.
Die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 22.4.2010 zur Begründung seines Zulassungsantrags rechtfertigen nicht die Annahme, dass das angegriffene Urteil an einem Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO leidet beziehungsweise dass – wie der Kläger inzident in den Raum stellt – ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen.
Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage der vorgelegten Bauakten und der zur Akte gereichten Fotos, Pläne und Schriftstücke aus der Zeit zwischen 1780 und 1965 unter eingehender, nachvollziehbarer Würdigung derselben zu der Überzeugung gelangt, dass hinsichtlich des in Rede stehenden Teilstückes der heutigen Straße “Im Graben”, an dem der bebaute Teil des Grundstücks des Klägers anliegt, die Widmungsfiktion des § 63 Satz 1 SStrG dergestalt greift, dass dieses Straßenstück als dem allgemeinen öffentlichen Fußgängerverkehr sowie dem durch die angrenzenden Grundstücke ausgelösten Anliegerverkehr gewidmet gilt; dem in diesem Umfang eröffneten Gemeingebrauch könne der Kläger mit Blick auf die Unwirksamkeit einer Erklärung des behaupteten Inhalts nicht entgegenhalten, seiner Mutter, der früheren Grundstückseigentümerin, sei seitens der Beklagten 1989 schriftlich zugesichert worden, dass sie durch den zur Verwirklichung des städtischen Sanierungskonzepts geplanten Ausbau der Straße in keiner Weise in der Nutzung des Teils ihres Grundstücks, über den die Straße “Im Graben” verläuft, eingeschränkt werde.
Zur Begründung seines Zulassungsantrags vertritt der Kläger die Ansicht, das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO auf einem Verfahrensmangel in Gestalt einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung. Die Beklagte habe die ihr mit Aufklärungsverfügung vom 15.1.2010 unterbreiteten Fragen nicht vollumfänglich beantwortet und das Verwaltungsgericht habe es verabsäumt, die klägerseits zu den Verhältnissen vor dem 13.2.1965 und dem Inhalt der seiner Mutter gegenüber erklärten Zusicherung benannten Zeugen zu hören. Dieses Vorbringen vermag die Annahme eines Verfahrensmangels nicht zu begründen.
Zunächst hat die Beklagte sich zu allen drei in der gerichtlichen Verfügung vom 15.1.2010 aufgeworfenen Fragen mit Schriftsatz vom 19.1.2010 geäußert und zur Untermauerung ihrer diesbezüglichen Angaben und Einschätzungen umfangreiche Unterlagen (Bl. 128-154 d.A.) – u.a. Auszüge aus Bauantragsverfahren vormaliger Eigentümer des Grundstücks des Klägers – vorgelegt, die das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Entscheidungsfindung ausweislich des Urteilstatbestands und der Entscheidungsgründe verwertet hat. Dass die Beklagte auf die Frage, ob es aus der Zeit bis zum 13.2.1965 Erklärungen der betroffenen Grundstückseigentümer, wonach die Straße “Im Graben” dem allgemeinen Verkehr dienen sollte, gibt, nicht noch weiteres Material vorlegen konnte, erlaubt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Schlussfolgerung, die entsprechende Frage sei unzureichend beantwortet und das hieraufhin ergangene Urteil daher verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Gleiches gilt hinsichtlich der Beanstandungen des Klägers betreffend die Beantwortung der dritten, städtische Unterhaltungsm...