Entscheidungsstichwort (Thema)

ermessensfehlerfreies zu Fall bringen eines Einbürgerungsanspruchs durch Widerruf einer Niederlassungserlaubnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Widerruf einer Niederlassungserlaubnis, die – früher als unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach den Regelungen des Ausländergesetzes – mit Blick auf eine zwischenzeitlich widerrufene Asylanerkennung des Ausländers (hier eines in Deutschland geborenen Kindes auf der Grundlage des § 26 AsylVfG) erteilt worden war, kann nach Maßgabe des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG im Einzelfall auch dann angemessen sein, wenn die Ausländerbehörde damit einen ansonsten bestehenden, auf Integrationsvermutungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes beruhenden Einbürgerungsanspruch nach §§ 10 StAG a.F., 40c StAG “zu Fall bringt”. Dieser Umstand verlangt indes eine umfassende Würdigung im Rahmen der behördlichen Ermessenentscheidung.

2. Bei der Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG handelt es sich nicht um ein in Bezug auf eine widerrufene Niederlassungserlaubnis (§§ 9, 101 Abs. 1 AufenthG) “gleichwertiges” Aufenthaltsrecht, dem Einschränkungen der Befugnisse der Ausländerbehörden im Rahmen des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG zum Widerruf entnommen werden könnten.

 

Normenkette

AsylVfG § 26; AufenthG § 52 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 104a

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 25.06.2008; Aktenzeichen 10 K 301/07)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 25. Juni 2008 – 10 K 301/07 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Eltern der 1995 in A…-Stadt geborenen Klägerin gehören zur Volksgruppe der Ägypter aus Gjakove im Kosovo, reisten im Juli 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Auf die nach Ablehnung dieses Antrags erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht das Bundesamt, dem Anerkennungsbegehren zu entsprechen. (vgl. das Urteil vom 11.4.1994 – 5 K 571/93.A –) Auf dieser Grundlage wurde die Klägerin nach ihrer Geburt auf entsprechenden Antrag in Anwendung der Regelungen über das Familienasyl (§ 26 AsylVfG) als Asylberechtigte anerkannt. (vgl. den Anerkennungsbescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 19.12.1995 – E 2060043-138 –) Unter dem 14.2.1996 wurde ihr eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt.

Nachdem das zur Anerkennung der Eltern verpflichtende Urteil auf die Berufung des früheren Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten im Jahre 1996 aufgehoben worden war, (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 4.11.1996 – 3 R 149/96 –) widerrief das Bundesamt im März 2003 die Anerkennung der Klägerin. (vgl. den Bescheid vom 4.3.2003 – 5005878-138 –) Rechtsbehelfe dagegen blieben ohne Erfolg. (vgl. VG des Saarlandes, Urteil vom 23.6.2004 – 10 K 102/03.A –)

Mit Schreiben vom 21.12.2005 teilte das Bürgeramt der Landeshauptstadt A…-Stadt dem Beklagten mit, dass für die Klägerin ein Antrag auf Einbürgerung gestellt worden sei und bat um Übersendung der Ausländerakten.

Durch Bescheid vom 12.6.2006 widerrief der Beklagte daraufhin unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auch die nach den Übergangsvorschriften inzwischen als Niederlassungserlaubnis fort geltende Aufenthaltserlaubnis der Klägerin unter Verweis auf den rechtskräftig negativen Abschluss des Asylverfahrens der Eltern, forderte sie zur Ausreise binnen eines Monats auf und drohte ihr für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an. In der Begründung wurde auf das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des einschlägigen § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwiesen. Im Rahmen des darin vom Gesetzgeber eröffneten Ermessensspielraums seien sämtliche Umstände des Einzelfalls einschließlich schutzwürdiger Interessen des Ausländers an dem weiteren Verbleib in Deutschland in den Blick zu nehmen. Ein auf der Asylanerkennung aufbauendes Aufenthaltsrecht könne dem Widerruf nicht entgegenstehen. Seit der Abweisung der Asylklage der Eltern im Jahre 1996 sei klar gewesen, dass die Asylanerkennung der Klägerin keinen Bestand haben könne, zumal eine eigenständige Asylberechtigung nie bestanden habe. Die durch die Geburt in Deutschland zwangsläufig entstehende Verwurzelung in hiesige Lebensverhältnisse könne kein Bleiberecht begründen. Aufenthaltsrechte von Kindern richteten sich nach dem der Eltern. Besondere wirtschaftliche Bindungen bestünden nicht. Die gesamte Familie beziehe dauerhaft öffentliche Hilfen. Weiter heißt es in dem Bescheid, “im Übrigen” dürfte sich ein Einbürgerungsanspruch der Klägerin nach § 10 Abs. 1 StAG mit dem Widerruf erledigt haben.

Durch Beschluss vom 14.12.2006 – 2 W 25/06 – hat der Senat die aufschiebende Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs der Klägerin unter Verweis auf die unzureichende Berücksichtigung wesentlicher, gegen den Widerruf der Niederlassungserlaubnis sprechender...

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